Rückblick auf das Jahr 2024
Eltern mussten mit Empörung zusehen, wie die „Ampel“-Koalition in diesem Jahr das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedete und sich die medizinischen Fachgesellschaften auf eine Leitlinie für eine gender-affirmative Behandlung von Minderjährigen einigten.
Uneinigkeit über Leitlinie Genderinkongruenz/Genderdysphorie U18
Im Februar veröffentlichte ein Autorenteam unter der Leitung von Prof. Florian Zepf (Jena) eine systematische Metaanalyse (Beyond NICE, 2024) über die Evidenz für Pubertätsblocker und gegengeschlechtliche Hormone und aktualisierte damit die NICE-Übersichten von 2020 (2020a, 2020b) bis 2023. Einen Monat später legte die Leitlinienkommission einen neuen Leitlinienentwurf vor, 6 Jahre nach Ablauf der Gültigkeit der vorherigen Leitlinie. Ihre Empfehlungen, die sich stark auf die SOC 8 der WPATH stützten und keinerlei Altersgrenzen für invasive Behandlungen enthielten, wurden in einem Konsensverfahren erarbeitet, das von einer einseitig voreingenommenen Kommission ermöglicht wurde, die aus affirmativ orientierten deutschen, österreichischen und schweizerischen Klinikern und ebenso orientierten Betroffenen-Initiativen bestand. Die systematische Recherche der Evidenzlage lief nur bis 2020 (danach unsystematisch), eine Bewertung der Evidenz fand nicht statt.
Kurz darauf wurde Widerspruch laut, darunter ein 111-seitiger kritischer Kommentar einer großen Gruppe von Professoren für Kinder- und Jugendpsychiatrie, in dem eine grundlegende Überarbeitung gefordert wurde (Dt. Ärzteblatt, WELT), sowie 2 Resolutionen der Bundesärztekammer, in denen grundlegende Kritik an der Leitlinie, aber auch am Selbstbestimmungsgesetz geübt wurde (WELT).
Die Europäische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (ESCAP) schloss sich mit einer Resolution an, in der sie darauf hinwies, dass gemäß dem Prinzip „Primum non nocere (primum nil nocere)“ experimentelle Behandlungen mit unbewiesenen psychosozialen Auswirkungen vermieden werden müssen.
Mehrere Ärzteverbände forderten, dass die Erkenntnisse und Empfehlungen des Cass-Review berücksichtigt werden müsse. Auch die Society for Evidence Based Gender Medicine (SEGM) trug ihre Kritik bei, indem sie methodische und qualitative Fehler dokumentierte und den konsensbasierten Entwurf als nicht vertrauenswürdig bezeichnete: Selbst bei spärlicher verfügbarer Evidenz ist eine evidenzbasierte Richtlinie möglich und einer konsensbasierten vorzuziehen. Zwingend wäre der Bezug von Empfehlungen zur Evidenz.
Selbst einigen der medizinischen Fachgesellschaften, die Mitarbeitende für die Leitlinie mandatiert hatten, kamen Zweifel (Welt, DGPPN, TTSB).
Doch der Leiter der affirmativ orientierten Leitlinien-Kommission, Prof. Georg Romer (Münster), und seine Verbündeten gingen aufs Ganze und unterdrückten ‚unverschämt abweichende' Meinungen, indem sie sogar eine geplante Konferenzdebatte in eine Vortragsveranstaltung umwandelten (FAZ, Twitter). Aktuell muss täglich mit der Veröffentlichung der Leitlinie gerechnet werden.
Elterngruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben bereits im Frühjahr mehrere Offene Briefe verfasst, die von der WELT veröffentlicht wurden, und die in hierzulande ansässigen Elterngruppen Transteens-Sorge-berechtigt und Eltern von ROGD-Kindern (deutsche Sektion) haben einen Offenen Brief an das Bundesministerium für Gesundheit geschrieben, in dem sie ihre Bedenken und Zweifel hinsichtlich der Leitlinien und der derzeitigen Behandlung ihrer Kinder äußerten.
TTSB hat die Reaktionen und Proteste zum Leitlinienentwurf in einer Zeitleiste dokumentiert.
Sichtbarkeit der Dimension des medizinischen Skandals
Inzwischen mehrten sich die Beweise für das Ausmaß des medizinischen Skandals.
- Statistiken über F.64x-Diagnosen der letzten 10 Jahre dokumentierten auch in Deutschland eine ähnlich erschreckende Entwicklung wie in anderen westlichen Ländern (TTSB-Artikel).
- Auswertungen öffentlich zugänglicher Krankenhausdaten zeigten einen starken Anstieg genitaler Operationen zwischen 2005 und 2023. Es stellte sich heraus, dass diese Eingriffe auch an Minderjährigen durchgeführt werden, obwohl sie in Deutschland gesetzlich verboten sind (TTSB-Artikel).
Im Vergleich zum Vereinigten Königreich werden in Deutschland (pro 100.000 Einwohner) fast 4x so viele Genitaloperationen durchgeführt (TTSB-Artikel). - Das unabhängige Medien-Start-up NIUS berichtete über die Werbung des in Münster ansässigen „Center for Transgender Health” für die (off-label) Kryokonservierung bei präpubertären (!) Kindern (TTSB-Artikel).
Selbstbestimmung ohne Jugendschutz
Das Parlament verabschiedete im April das Gesetz zur Selbstbestimmung/Self-ID (siehe auch Genspect-Beiträge von David Allison und Lisa Müller), das Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens ab dem 14. Lebensjahr erlaubt. Eltern haben das Recht, den Geschlechtseintrag ihres Kindes im Alter von 0 bis 13 Jahren zu bestimmen. Wenn Eltern der rechtlichen Transition ihres Kindes (ab dem 14. Lj.) nicht zustimmen, entscheidet ein Familiengericht. Das bedeutet, dass Elternrechte eingeschränkt wurden, Minderjährige ohne Schutzmaßnahmen sind und Missbrauch möglich ist (s. auch TTSB-Artikel)
Ab dem 1. August wurden Anträge auf rechtliche Transition von den Standesämtern angenommen, die Änderungen traten ab dem 1. November in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt waren laut einer Umfrage des SPIEGEL-Magazins 15.000 Anträge eingereicht worden. Die Regierung hatte lediglich 4.000 erwartet.
International gab es einige Highlights
Die folgenden Themen schafften es 2024 international in die Schlagzeilen, sie zeigen in die richtige Richtung.
- Der Abschlussbericht des Cass-Reviews in England warnt, dass der medizinische Weg für die meisten jungen Menschen mit Genderproblemen ungeeignet ist und empfiehlt Fachleuten, äußerst vorsichtig zu sein.
- Das langfristige Verbot von Pubertätsblockern außerhalb von Studien, das auch für private Anbieter im Vereinigten Königreich gilt.
- Die zunehmenden Klagen von Detransitionierten in den USA und anderen Ländern gegen bekannte und große Dienstleister und Behandler im Bereich der medizinischen Transistionsmaßnahmen.
- Die WPATH-Leaks enthüllten, dass die WPATH Ideologie über Wissenschaft stellte und außerdem absichtlich unliebsame Studienergebnisse vertuschte.
- Der aufschlussreiche Bericht der UN-Berichterstatterin Reem Alsalem zu den Problemen im Frauensport.
- Eine zunehmende Anzahl von US-Bundesstaaten schränkt die gender-affirmative Behandlung ein und die Verhandlung dazu beginnt vor dem Obersten Gerichtshof der USA (US vs. Skrmetti).
Eltern bleibt auf bessere Zeiten zu hoffen, in denen Wissenschaftsorientierung und gesundem Menschenverstand wieder Priorität eingeräumt wird, um Jugendliche und junge Erwachsene zu schützen. Fraglich ist, ob im besten Fall vielleicht auch noch das eigene Kind „bewahrt” werden kann?
Deutschland verabschiedet sich von der Realität: Das Selbstbestimmungsgesetz
Trans: Genital-Operationen in Deutschland
S2k-Leitlinienentwurf - Welche Reaktionen und Proteste gibt es? (Timeline)
Selbstbestimmungsgesetz – es ist kompliziert
Sind die Cass-Empfehlungen für Deutschland 'kalter Kaffee'?
Offener Brief zur geplanten S2k-Leitlinie GI/GD an das BMG
S2k-Leitlinie - DGKJP lässt Eltern im Regen stehen
S2k-Leitlinienentwurf zu wenig überzeugend
Streit über die Behandlung von GD-Teenagern
„Trans*"-Diagnosen: 8-facher Anstieg, aber oft vorübergehend
S2k-Leitlinie - Zurück zur Wissenschaft
S2k-Leitlinie ist nicht vertrauenswürdig
Dt. Ärztetag fordert Vorsicht bei U18-Behandlung (PB · CSH · OPs)
Eltern schlagen Alarm: Die Patienten-Sicherheit unserer Teenager ist gefährdet!
ESCAP: klinische, wissenschaftliche und ethische Standards wahren
Professoren-Kritik an der S2k-Leitlinie
Stoppen Sie die Veröffentlichung der an WPATH-SOC orientierten Leitlinie!
Sie behandeln alle, die nicht bei drei auf den Bäumen sind
S2k-LL: Warum lehnen PsychologInnen ROGD-Teenager ab?
Auch die neue Leitlinie für GD-KiJu zementiert den Affirmation-Only-Trend
Spannungsfeld Selbstbestimmung vs. Schutz von Teens & Twens
Stellungnahmen zum SBGG - Anhörung
SBGG: Biologisches Geschlecht nicht durch Genderidentität ersetzen
Braucht Deutschland ein Selbstbestimmungsgesetz?