Kryokonservierung?

Was machbar scheint, wird auch angeboten. Einige Kliniken werben im Rahmen ihrer Transgender Health Center für die Kryokonservierung von Sperma, Eizellen, aber auch Eizell- und Hodengewebe. Bis vor ein paar Tagen richtete sich die Werbung auf der Website des Uniklinikums Münster sogar an Minderjährige.

Die Werbung von Trans-Kliniken für die Kryokonservierung zeigt hauptsächlich eins: Die Medikalisierung sterilisiert unsere Kinder!

Trans-Angebote an deutschen Kliniken immer irrer – Kleinen Mädchen werden Eierstockteile vor der Pubertät entfernt, 06.02.2024

Die systematische Übersichtsarbeit von Dr. Zepf (Jena) und KollegInnen erwähnt auch das Risiko der Infertilität, wenn auf Blocker Cross-Sex-Hormone folgen, weist aber auf folgendes Problem hin:

"Trotz der medizinischen Möglichkeit der vorherigen Kryokonservierung, d. h. der Gewinnung und des Einfrierens von Eizellen oder Spermien [vor gegengeschlechtlichen Hormonen], gibt es in Deutschland derzeit keine etablierten Standards für die Fruchtbarkeitsberatung von Minderjährigen [mit Genderdysphorie]."

Beyond NICE

Wie sinnvoll ist die Kryokonservierung bei transitionswilligen Teenagern?

An sich macht das Kryokonservieren von Eierstockgewebe keinen Sinn, da das Gewebe ausschließlich im Körper der „Spenderin“ nach Retransplantation nutzbar wäre, was mit Transitionsmaßnahmen kaum vereinbar ist.

Wer eigene Kinder haben möchte, muss in jedem Fall die Fortpflanzungsfähigkeit (Fertilität) erreichen.

Bei jungen Frauen, die zu Transmännern transitionieren und im Rahmen ihrer Transition eine sog. Bottom-OP vornehmen lassen, stünde zwar das Eierstockgewebe zum Einfrieren zur Verfügung. Eine Kryokonservierung ist jedoch durch die Hysterektomie unzweckmäßig, da die einzige erfolgreiche Nutzung nur nach Retransplantation in den eigenen Körper möglich wäre.

Wozu können Eierzellen von Mädchen 2–3 Jahre nach der Menarche (empfohlen sogar erst für Ü18) vor Hormongaben stimuliert, entnommen und konserviert werden? Für bestimmte Fälle der Detransition? Oder für eine evtl. Leihmutterschaft, die in Deutschland (zurzeit noch) verboten ist?

Das Anlegen von Fertilitätsreserven wird von Jugendlichen mit Genderdysphorie bisher eher selten realisiert, weil sie zum einen oft mentale Probleme haben, die ihre Fähigkeit, langfristige Entscheidungen zu treffen, beeinträchtigen oder weil das Thema „eigene Kinder“ einfach zu früh kommt. Zum anderen fürchten sie, dass sich ihr Wunsch nach schnellstmöglichem Start der medizinischen Transition verzögern könnte.

„Bei transfemininen Individuen ist diese Methode [Spermiengewinnung mittels Ejakulat] eine ganz besondere Herausforderung, da sie die Auseinandersetzung mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht extrem fordert - mit entsprechendem Risiko für eine Verstärkung der Genderdysphorie." (Astrid Ahler, 2022)

Bei transmaskulinen Personen sind meist mehrfache hormonelle Stimulationen (jeweils 10–12 Tage) plus Monitoring (Ultraschalluntersuchungen und Blutentnahmen) erforderlich, um eine ausreichende Anzahl an reifen Eizellen zu erreichen. Zudem erfolgt die Gewinnung dieser Zellen jeweils durch einen invasiven Eingriff unter Narkose (Follikelpunktion).

Werde ich Kinder haben können? Optionen für eine Fertilitätsreserve bei Transjugendlichen, rosenfluh.ch, 2022

Medizinische Risiken einer Eizellspende, Bundesamt für Gesundheit, Schweiz 2022

Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe von präpubertären Mädchen wird noch nicht einmal von den Krankenkassen bezahlt, wenn es um eine notwendige bevorstehende Krebsbehandlung geht, weil es sich noch immer um eine experimentelle Methode handelt.

Kryokonservierung von Ovarialgewebe erst ab der Pubertät Kassenleistung, 2022


UKM

Mindestens vom Mai 2023 bis zum 07.02.2024 (vgl. Websites des UKM Center for Transgender Health im Archiv), waren auf den Websites des Centers for Transgender Health (Universitätsklinikum Münster) auch Minderjährige und sogar präpubertäre Kinder adressiert. Nachdem kritischen Beitrag (s. o.) wurden Bilder und Texte geändert (Hervorhebungen und Streichungen zur Verdeutlichung):

Für Transpersonen mit bei der Geburt zugewiesenem männlichen Geschlecht:

  • Kryokonservierung (Einfrieren) von Spermien aus Ejakulat (Samenprobe)
  • Entnahme und Kryokonservierung von Hodengewebe mit Spermien
  • Entnahme und Kryokonservierung von unreifem Hodengewebe mit Stammzellen bei vor- oder frühpubertären Kindern/Jugendlichen (experimentelles Verfahren)

Für Transpersonen mit bei der Geburt zugewiesenem weiblichen Geschlecht:

  • Kryokonservierung von Eizellen nach hormoneller Stimulation
  • Entnahme und Kryokonservierung von Eierstockgewebe, insbesondere bei vor- oder frühpubertären Kindern/Jugendlichen

Fertilitätsprotektion jetzt nur noch explizit für erwachsene Transpersonen:

Website des Centers for Transgender Health (UKM) zur Kryokonservierung, 06.03.2024

Die ethische Dimension

Michael Laidlaw u. a. diskutieren, inwieweit die Fortschritte in den Bereichen der assistierten Reproduktionstechnologien und der Kryobiologie auch zur Fertilitätserhaltung für Jugendliche mit Genderdysphorie (GD) geeignet sind.

Es ist problematisch, dass aufgrund der Einnahme von Medikamenten, die die normale Pubertätsentwicklung blockieren und Cross-Sex-Hormonen, die den Genitaltrakt verändern, eine Reihe von Komplikationen und Hindernissen entstehen. Beispielsweise führt die Verwendung von supraphysiologischen Testosterondosen zu erheblichen histologischen Veränderungen des biologisch weiblichen Fortpflanzungssystems. Auch beim männlichen Geschlecht gibt es Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit:

 „With respect to those who had normal puberty blocked with GnRHa and then proceeded to have cross-sex estrogen administered while at Tanner stage 2 or 3, all samples showed immature germ cells with spermatogonia being the most common type of gam-ete. These data provide the first ever confirmation that blocking natal male sex puberty at Tanner stage 2 and proceeding directly to cross-sex estrogen use precludes gamete maturation.“

Für Jugendliche mit GD gibt es nur sehr wenige evidenzbasierte Forschungsergebnisse; es ist noch viel über die langfristigen Schäden für die reproduktive Gesundheit und den letztendlichen Erfolg der Fertilitätserhaltung und der möglichen Schwangerschaften bzw. Lebendgeburten unbekannt.

Die Fertilitätserhaltung bei medikalisierten gender­in­kon­gruenten Jugendlichen ist kostenintensiv, experimentell, invasiv, nicht ohne Risiken und bietet keine Garantie für genetische Nachkommen im späteren Leben.

„Another problem with blocking puberty at an early stage is sexual dysfunction. The child will continue a chronological age progression toward adulthood – and yet remain with undeveloped genitalia. This will lead to sexual dysfunction, including erectile dysfunction and potential inability to orgasm and ejaculate for the natal male. For the natal female with undeveloped genitalia, the types of sexual dysfunction may include vaginal dryness with potential for vaginal wall abrasion, painful intercourse, and impairment of or pain with orgasm."

Transidentifizierende Jugendliche haben keine lebensbedrohliche Diagnose, sodass es sinnvoll wäre, die Entscheidung für eine Transition und ggf. fertilitätserhaltende Maßnahmen ins Erwachsenenalter zu verschieben. Michael Laidlaw beurteilt die Situation folgendermaßen:

„Iatrogenically causing impaired fertility with GnRHa and cross-sex hormones removes from these children their right to an open future to decide their fertility goals. It is unethical to induce infertility/subfertility in children and young adolescents under the auspices of GAT, and then offer experimental, invasive, nascent fertility preservation in children as a way in which to circumvent this iatrogenesis.

Fertility preservation: is there a model for gender-dysphoric youth? M. Laidlaw u. a., 11.04.2025


Gilt BGB 1631c nicht für die „chemische Kastration/Sterilisierung“?

Verbot der Sterilisation BGB 1631c

1 Die Eltern können nicht in eine Sterilisation des Kindes einwilligen.
2 Auch das Kind selbst kann nicht in die Sterilisation einwilligen.


Social Freezing – die Zeit einfrieren?

Seit Ende des letzten Jahrhunderts gibt es die Möglichkeit, Eizellen bzw. Embryonen einzufrieren, um sie später ggf. zu nutzen. Ab 2014 begannen große Unternehmen wie Apple und Facebook, die Kosten für das „Social Freezing" bei Mitarbeiterinnen zu übernehmen.

Die Motivationen von Frauen, die weder krebskrank sind noch transitionieren wollen, sind unterschiedlich. Nach dem 36. Lebensjahr sinkt die Chance, schwanger zu werden, rapide, mit über 40 Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Zyklus schwanger zu werden, bei unter 5 %. Bei Frauen, die Mitte 30 und älter sind und gerade eine „Paarungslücke“ haben, kann daher der Wunsch aufkommen, die Möglichkeit zur Mutterschaft „auf Eis“ zu legen.

Weltweit nutzen nur etwa 12 % der Frauen, die eine Kryokonservierung vorgenommen haben, ihre Eizellen/Embryonen. Die Chance auf eine Lebendgeburt bei eingefrorenen Eizellen lag in einer Studie der NYU von 2022 bei 39 %.

Die Kryokonservierung ist i. d. R. teuer und teilweise fehleranfällig, sodass eine Schwangerschaft auf diesem Weg unmöglich ist. In den USA gibt es keine Aufsichtsbehörde, die die Freezing-Zentren überwacht. Informationen über Möglichkeiten, Kosten, Erfolgswahrscheinlichkeit, Prozedere bei der Kryokonservierung von Eizellen bzw. Embryonen:

The failed promise of egg freezing, Vox, A. North, 29.04.2024

Eliza Mondegreen meint, dass Social Freezing bisher wenig dazu beiträgt, das Leben von Frauen zu verbessern. Um ihre reproduktiven Hoffnungen zu realisieren, bräuchten sie eher

  • geeignete Lebenspartner
  • soziale Unterstützung, falls sie sich für einen Alleingang entscheiden
  • die Möglichkeit, die eigene Karriere zu unterbrechen, ohne sie zu beenden.

The grim truth about egg-freezing, E. Mondegreen, 20.04.2024