Selbstbestimmungsgesetz – es ist kompliziert
Das ab 01.11.2024 geltende Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) enthält in den § 13/14 ein sog. Offenbarungsverbot unter Strafandrohung. Es geht um die "absichtliche Offenbarung des früheren Geschlechts einer Transperson" durch sog. Misgendern, Deadnaming oder Zwangsouting. Probleme könnten entstehen, wenn Transpersonen allein aufgrund ihres Erscheinungsbildes angesprochen oder bezeichnet werden.
„§ 13 (1) Sind Geschlechtsangabe und Vornamen einer Person nach § 2 geändert worden, so dürfen die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden …”
Die Frage ist, wie in diesem Zusammenhang „Absicht” und „Vorsatz” ausgelegt werden, welche Rolle die Unkenntnis des neuen Personenstands und Namen spielt und woher die Kenntnis zu Pronomen, insbesondere „neuartigen” stammen soll. Die im Gesetz angegebene Höhe der sog. Bußgeldbewehrung (=Geldstrafe) ist lt. § 14 durchaus drastisch:
"(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 13 Absatz 1 Satz 1 die Geschlechtszugehörigkeit oder einen Vornamen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.“
Diese neuen Pronomen sollten Sie kennen, sonst droht ein Bußgeldprozess, WELT, 17.09.2026
Eltern sind weitgehend vom Offenbarungsverbot ausgenommen
Eltern sind wie auch Großeltern und andere Verwandte in gerader Linie im § 13 (2) weitgehend vom Offenbarungsverbot ausgenommen:
„(2) Ein früherer und der derzeitige Ehegatte, Verwandte in gerader Linie und der andere Elternteil eines Kindes der betroffenen Person sind nur dann verpflichtet, deren geänderten Geschlechtseintrag oder deren geänderte Vornamen anzugeben, wenn dies für die Führung öffentlicher Bücher und Register oder im Rechtsverkehr erforderlich ist. Im Übrigen gilt für sie das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot nach Absatz 1 Satz 1 nicht, es sei denn, sie handeln in Schädigungsabsicht.”
Die Neo-Pronomen
Die Pronomen 'er', 'sein' etc. für männlich und 'sie', 'ihre', etc. für weiblich sind klar. Die neuen Personenstands-Varianten 'divers' oder 'kein Eintrag' lassen nicht ohne weiteres auf ein Pronomen schließen. Zwar beruhigt das Justizministerium:
"Das Selbstbestimmungsgesetz schreibt niemandem vor, Neo-Pronomen wie 'dey' oder xier' zu verwenden."
Wie aber damit umgehen, wenn Trans-Personen solch wundersame Pronomen wie 'a, 'sey', 'per', 'hen', 'ex', 'bla', 'y' etc. bekanntgeben? Am sichersten wäre vielleicht die Einübung einer Vermeidungsstrategie, indem statt Pronomen stets der Name verwendet wird, d. h. „seine Tasche" durch „Noa's Tasche" ersetzt wird.
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Deine Pronomen? Ok, aber sag mir lieber Deine Adjektive!
Selbstbestimmungsgesetz: Worum geht es und was erwartet uns? S. Lieb, 17.10.2024
Germany’s gender self-ID law is dangerous and regressive - Woke authoritarianism is the last refuge of ineffectual technocrats, spiked, 11.11.2024
Sorgerecht der Eltern
Das neue Gesetz erlaubt bereits Jugendlichen ab 14 Jahren die Änderung des Personenstands- und Namenseintrags unter der Voraussetzung, dass die Sorgeberechtigten damit einverstanden sind.
Falls Mutter oder Vater oder beide die Zustimmung verweigern, kommt es von Amts wegen zu einer familiengerichtlichen Auseinandersetzung. Im Extremfall stehen das Sorgerecht oder Teile davon zur Debatte – und zwar lt. SBGG § 3:
"Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht."
Diese Vorstellung oder auch die Aussicht, dass die Identität des Kindes zu einem innerfamiliären Gerichtsverfahren führt bzw. ggf. auch zum Streitgegenstand von Ex-Partnern werden kann, erzeugt sehr unangenehme Gedanken und Gefühle. Familien werden auseinander gerissen. Elternteile, die nicht zustimmen, vom Teenager oder gar vom Gericht (vom Sorgerecht) ausgeschlossen.
Bereits in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des SBGG hatte TTSB die voraussichtlichen Probleme mit dieser Regelung aufgezeigt: Familiengerichtsverfahren und Jugendamts-Anhörung stellen einen erheblichen Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern dar und beeinträchtigen den Familienfrieden. Die im SBGG vorgesehene Vorgehensweise beschädigt die elterliche Erziehungsfunktion und schafft praktisch innerfamiliäre Prozessgegner.
Spannungsfeld Selbstbestimmung vs. Schutz von Teens & Twens
Protestaktion ‚5 nach 12‘ zum SBGG am 01. November 2024 in Berlin
Am Tag des Inkrafttretens des Selbstbestimmungsgesetzes findet ab 12.05 Uhr in Berlin eine Protestaktion statt. Es werden interessante Sprecherinnen erwartet, wie Dr. Helen Joyce, Dr. M. Lenzen-Schulte, Gunda Schumann, Dr. Monika Barz, Dr. Ingeborg Kraus, Marie-Luise Vollbrecht und etliche weitere. Außerdem protestieren weltweit Partnerorganisationen vor deutschen Botschaften und Konsulaten.
Informationen zur Protestaktion 5 nach 12
Das hat der institutionalisierte Feminismus in Deutschland mit Self-ID zu tun!
Im nachfolgend verlinkten Beitrag wird erklärt, wie die institutionalisierten Feministinnen(gruppen) in Deutschland zum Selbstbestimmungsgesetz stehen, Frauenrechte verraten und mitverantwortlich sind beim „irreversiblen Schaden, der genderverwirrten jungen Mädchen und Frauen zugefügt wird".
Der Deutsche Frauenrat sprach sich beispielsweise - über das Selbstbestimmungsgesetz hinausgehend - in seiner Stellungnahme gegen das Hausrecht aus und gegen die Wirksamkeitsfrist von 3 Monaten. Die Notwendigkeit von Kinder- und Jugendschutz sieht er nicht.
Dispatches from Deutschland: What's Feminism Got to Do with Self-ID? 28.11.2024
UN-Sonderberichterstatterin
Reem Alsalem, UN-Sonderberichterstatterin, äußerte ihre Besorgnis zu den Auswirkungen des deutschen Selbstbestimmungsgesetzes durch die Vermengung von Genderidentität und Geschlecht, für die die notwendigen Schutzmaßnahmen insbesondere für Mädchen und Frauen fehlten.
Das Gesetz erlaube es Jugendlichen ab dem Alter von 14 Jahren, ihr rechtliches Geschlecht und ihren Namen zu ändern, auch gegen den Rat ihrer Eltern, wenn ein Familiengericht dies genehmigt.
“Removal of the previous requirement for therapeutic accompaniment may lead to children facing undue pressure or not fully understanding the long-term implications of their decisions due to their age and maturity. In view of the link between social and medical transition, the Act fails to safeguard the best interests of children, particularly girls, and to ensure protection for their rights to the highest attainable standard of health and to preserve their identity,”
Reem Alsalem forderte Deutschland auf, umgehend Maßnahmen einzuleiten, um diese kritischen Mängel zu beheben.
Germany: Gender self-ID law fails to address implications for women and girls, says Reem Alsalem, UN, 30.10.2024
Schwenk zu einer esoterischen Vorstellung von Geschlecht macht das SBGG kompliziert
Chantelle El Helou stellt den neuen Geschlechtsbegriff infrage, dessen Basis - völlig unabhängig vom körperlichen Geschlecht - neuerdings Identität sein soll und somit „Geschlecht" ins menschliche Innere verlagert. Geschlecht, interpretiert als Geschlechtsidentität, von der behauptet wird, dass sie jeder Mensch habe, ist somit die Objektivierbarkeit entzogen.
„Esoterisch sind jene Lehren, die behaupten, nur von „innen“ her verstehbar zu sein. ... Zugang zu einer von der Körperlichkeit völlig abgelösten Geschlechtlichkeit zu behaupten, die man nur selbst so erfahren könne, entspricht der esoterischen Denkweise.”
Esoterische Vorstellung, taz, Chantelle El Helou, 04.11.2024
Schlecht formulierte Frage macht Statistik unbrauchbar
Das Office for National Statistics (ONS) musste kürzlich eingestehen, dass die letzte Volkszählung (für England und Wales) „irreparabel fehlerhaft” ist, was den Punkt Transgender angeht.
2021 wurden erstmalig Daten über Transgender, Schwule, Lesben und Bisexuelle erhoben.
„Rather than asking something straightforward like ‘Are you transgender?’ the ONS chose a convoluted formulation: ‘Is the gender you identify with the same as your sex registered at birth?’”
Nach Veröffentlichung der Ergebnisse Anfang 2023 gab es Kritik von Sex Matters, Fair Play for Women und Michael Biggs (Soziologe Uni Oxford). Sie hatten unglaubwürdig hohe Quoten in bestimmten Stadtteilen bzw. Bevölkerungsgruppen wie Muslimen festgestellt. Michael Biggs bat das ONS, die Antworten auf die Transgender-Frage mit denen zu den Englischkenntnissen in Relation zu setzen. Ergebnis:
„Those who spoke English ‘not well’ or ‘not well at all’ were most likely to be counted as transgender: 2.2 % of them, compared to 0.4 % of those whose main language was English (or Welsh in Wales).”
Grund für die komplizierte Formulierung war möglicherweise die Einflussnahme durch Transaktivisten, wie
The ONS finally admits to flawed trans population statistics, spectator, 15.10.2024
Das uralte Rätsel - Was ist eine Frau?
What is a woman? The UK supreme court is currently addressing this ancient riddle, one that has perplexed the greatest minds throughout the ages ..., A. Doyle, 02.12.2024
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Spannungsfeld Selbstbestimmung vs. Schutz von Teens & Twens (Stellungnahme von TTSB)