Warum erstatten die GKV Leistungen, obwohl sie es nicht müssten?

Nach dem Motto „Immer wie immer“ erstatten die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) derzeit weiterhin Leistungen für physisch gesunde Versicherte, die ihre Geschlechtsmerkmale ändern lassen wollen, obwohl die Kassen das mangels eigenständiger Rechtsgrundlage und geänderter Rahmenbedingungen gar nicht unbedingt müssten.

Schon immer wird die Kostenerstattung der Kassen zum Thema Trans-Behand­lun­gen hauptsächlich durch Gerichtsurteile geprägt. Die „Gemengelage“ wird immer undurchsichtiger. Seit mindestens 2021 schwelt das Thema weiter: Fehlende Leitlinien, geänderte Diagnosen, unterschiedliche Zuständigkeiten, schwache, aber kontrovers diskutierte Evidenzlage und eine vorgezogene Neuwahl haben zu einem Fast-Stillstand in Deutschland geführt.

Es stellen sich viele Fragen, beispielsweise ob und warum Transitionsbehandlungen weiterhin von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten vollständig getragen werden sollen.

Die GKV-Erstattungspflicht in Deutschland ist derzeit großenteils ausgesetzt

AdobeStock 266799788 BMG GBA GKVSpitzenverbandDurch ein Urteil des BSG vom 19.10.2023 wurde die Erstattungspflicht für medizinische Maßnahmen bei Genderinkongruenz großenteils ausgesetzt – und zwar nicht nur für Personen, die sich als „non-binär“ identifizieren. Für „non-binäre“ Personen gab es noch nie eine Erstattungspflicht. Generell fehle die eigenständige Rechtsgrundlage für die Erstattung von geschlechtsangleichenden Maßnahmen durch die GKV. Zunächst solle der G-BA eine Richtlinie dafür schaffen. Der G-BA will/kann jedoch erst tätig werden, nachdem der Gesetzgeber entsprechende Vorgaben ins SGB V geschrieben hat. Bis dahin gibt es Interimsregelungen (sog. Vertrauensschutz) für begonnene Trans-Behandlungen. Zusätzlich gibt es ein weiteres relevantes Urteil vom 18.11.2024 (S11 KR 335/23). Die rechtliche Situation unter Berücksichtigung der beiden Urteile wurde im April 2025 eindrücklich durch den folgenden juristischen Kommentar erläutert:

Anspruch auf geschlechtsangleichende Operation aufgrund Vertrauensschutzes, juris.de, 17.04.2025

Der im Urteil vom 19.10.2023 definierte Vertrauensschutz betrifft vor dem 19.10.2023 begonnene Behandlungen, bei denen folgende Bedingungen erfüllt sein müssen:

  1. Es wurde nach dem TSG (mit 2 Gutachten) rechtlich transitioniert.
  2. Es gibt einen BEHANDLUNGSPLAN über die gesamte medizinische Transition.

Mittlerweile wurden erste Fälle bekannt, bei denen Krankenkassen die Kostenübernahme von Therapien aufgrund von Transsexualität ablehnen:

Weil er trans ist, muss er die Therapie abbrechen, ZEIT, 24.04.2025

Obwohl die Erstattungspflicht durch Gerichtsurteile derzeit großenteils ausgesetzt ist, d. h. die GKV nur noch in den wenigen Fällen, die unter den Vertrauensschutz fallen, erstatten müsste, genehmigen und erstatten die Kassen in der Praxis doch weiterhin in fast allen Fällen, in denen die Formalien der GKV-Richtlinie von 2020 erfüllt sind. Warum?

TTSB fordert: Keine Deregulierung bei der medizinischen Versorgung

Die Ziele der ProTrans-Lobby wurden in dem Fachgespräch beim BMG (19.10.2023) sehr deutlich formuliert: Gefordert wird eine weitgehende Deregulierung der sogenannten Gesundheitsversorgung bei Genderdysphorie/-inkongruenz. Insbesondere körper-medizinische Maßnahmen sollen – praktisch nach Wunsch – verfügbar sein und ohne Altersbegrenzung, ohne Beratung und ohne Diagnose jeder Transperson von den Krankenkassen finanziert werden. Nur so sei ein adäquates Leben für queere Personen möglich. „Autonomie“ und „Selbstbestimmungsrecht“ werden über alles andere gestellt. Um die Erstattung durch die GKV zu sichern, werden die Wünsche pauschal und nach Belieben (d. h. ohne Belege) geframt mit Schlagworten wie

  • „klare Indikation”,
  • „medizinischer Notwendigkeit“ oder
  • „entspricht dem [vorgeblichen] 'Stand der Wissenschaft'“.

Eine Ausweitung der Kostenübernahme durch die GKV würde sicherlich die Pathologisierung der Pubertät unserer genderdysphorischen Teenager verstärken, es würden noch schneller und noch häufiger irreversible chirurgische Maßnahmen durchgeführt, die die lebenslange Medikalisierung von immer mehr jungen Menschen nach sich zieht.

Anstatt sich auf konsensbasierte sog. Best-Practice-Empfehlungen einseitig zusammengesetzter Leitlinien-Kommissionen zu verlassen, halten wir es für sinnvoller, die Evidenz medizinischer Transitionsbehandlungen seriös und unabhängig prüfen zu lassen sowie international verfügbare systematische Reviews zu studieren, bevor neue gesetzliche Erstattungsregeln formuliert werden.

Es stellt sich die auch von politischer Seite zu beantwortende Frage, OB und WARUM Transitionsbehandlungen angesichts

  • der Entpathologisierung,
  • der schwachen Evidenz für den Benefit,
  • aber gut dokumentierten vielfältigen Schäden und Komplikationen

weiterhin zum Portfolio von Krankenkassenverpflichtungen gehören können und von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten vollständig finanziert werden sollen.


Ressourcenverschwendung: Versicherungen sollten nicht für die Kosten aufkommen

Lionel Shriver, eine bekannte Schriftstellerin aus den USA (die überwiegend in London lebt), wuchs während der sog. Frauenbefreiungsbewegung auf, in der Frauen dafür eintraten, primär als Menschen angesehen zu werden und die kulturell bedingten Geschlechterunterschiede zurückzudrängen.

„It is delusional to believe that you can change sex; you are stuck with it. I am one of the many former girls who, if they were given a button to press, would press it if it made them into a boy. I found being female highly inconvenient."

Sie findet, dass es der Transgender-Bewegung darum geht, all dies rückgängig zu machen und das Geschlecht zu betonen. Der Vorstellung, Geschlecht durch Hormoninjektionen und die chirurgische Entfernung von Körperteilen verändern zu können, steht sie allerdings vollkommen skeptisch gegenüber.

„It is a ludicrous waste of resources, in many senses, to keep trying to have people change places. And it’s not just medically. I feel strongly that we should not be making insurance companies cover this. … It’s also a waste on the cultural front. We are putting huge cultural energy into this conflict. We’re putting political energy into this conflict. We probably elected Trump because of this conflict. So, if you’re a Democrat, you’re really paying for it."

Incredulous? Keep it up! Writer Lionel Shriver on maintaining the right attitude in improbable times, B. Lane, 29.09.2025


Was ist mit den Versicherungen für die Arzthaftung?

Ärztehaftpflicht-Versicherer sollen sich Gedanken machen, denn es könnte zukünftig auch in Deutschland zu Haftungsprozessen von Detransitionierten kommen.

Immer mehr Detransitionierte klagen


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