Was hilft? Was schadet?

International herrscht Uneinigkeit unter den Experten, welches die beste Vorgehensweise ist, jungen Menschen zu helfen, die sich in einer Gender-Notlage befinden. Ein neuer Beitrag gibt einen Überblick über den Stand der sog. Gender-Medizin für junge Menschen in 13 westlichen Ländern. Deutschland ist nicht dabei.

Der Beitrag enthält zunächst eine Tabelle, die für die einzelnen Länder auflistet:

  • Beginn der Anwendung des NL-Protokolls in der klinischen Praxis
  • Zulassungs-Status und Art der Finanzierung von Pubertätsblockern (PB)
  • Hinweise auf nationale Leitlinien, Gesetze zur Self-ID
  • Verbote von sog. Konversionstherapie, die auch für Trans-Personen gelten
  • der aktuelle Behandlungsansatz

Die australische Kinder- und Jugendpsychiaterin Dr. Kasia Koslowska und ihre MitautorInnen*) sehen in den beschriebenen Ländern und deren Leitlinien vor allem zwei gängige Behandlungsansätze:

  • Der auf Rechten basierenden Ansatz (auch als gender-affirmativer Ansatz bekannt)
    Bei diesem Ansatz ist die Durchführung umfassender diagnostischer biopsychosozialer Beurteilungen in den Hintergrund getreten, der Schwerpunkt liegt auf der Bereitstellung optionaler Beratung und Unterstützung bzw. Dienstleistung nach den Wünschen der Minderjährigen. Dienste, die diesen Ansatz präferieren, verwenden zur Beschreibung ihrer Praxis Begriffe wie „gender-affirmativer Ansatz” oder „Modell der informierten Zustimmung”.
  • Der Ansatz, der von der Entwicklung der evidenzbasierten Medizin beeinflusst ist
    Im Vordergrund dieses Ansatzes steht die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung. Im Extremfall bleiben medizinische Transitionsbehandlungen für Minderjährige weitgehend unzugänglich, da das Risiko zu hoch und der Nutzen ungewiss ist.

Koslowska u. a. hoffen, dass sich das Spannungsfeld zwischen den beiden unterschiedlichen Ansätzen bei der Behandlung und Versorgung für Kinder und Jugendliche im Laufe der Zeit auflösen wird.

1999 ging es los mit der Übernahme des Niederländischen Protokolls

Seit Anfang des Jahrhunderts folgten immer mehr westliche Länder bei der Behandlung von genderdysphorischen Minderjährigen dem „niederländischen Protokoll“ (d. h. frühe Medikalisierung durch PB, CSH, OPs). Sie bauten die Behandlung in der Regel zur sog. Gender-affirmativen Versorgung, die eine frühe soziale Transition einschließt, aus und änderten ihre nationalen Leitlinien entsprechend.

Annahme des NL Protokolls (Land und Jahr)

  • Spanien 1999
  • Kanada 2000
  • Schweden Anfang der 2000er Jahre
  • Norwegen, 2002
  • Belgien 2006
  • USA 2007,
  • Vereinigtes Königreich (England, Irland, Schottland) 2011 bzw. 2014 (als Standardbehandlung)
  • Finnland 2011
  • Neuseeland 2011
  • Australien 2012, teilweise bereits ab 2003
  • Frankreich 2012
  • Portugal 2017

Parallel dazu erfolgte seit Anfang des Jahrhunderts die Übernahme des niederländischen Protokolls in die Leitlinien der Endocrine Society (ES) und der World Professional Association for Transgender Health (WPATH). Beide Empfehlungen wurden seither häufig durch nationale Leitlinien referenziert.

Das NL-Protokoll wurde von vielen Ländern übernommen, obwohl langfristige Ergebnisstudien fehlten und die verwendeten Medikamente bis heute in keinem Land zugelassen ist, d. h. die Verwendung erfolgt immer im Off-Label-Use.

Die behandelten Jugendliche wurden nicht auf längere Zeit nachverfolgt. Es gibt hauptsächlich die beiden Studien aus den Niederlanden, 2011 (zu PB) und 2014 (nach CSH und OPs), die zunächst kaum adäquat rezipiert wurden und sich im Laufe der Zeit als völlig unzureichend sowie methodisch und qualitativ minderwertig herausstellten (Levine, Abbruzzese, 2023, Biggs 2022). Eine Replikationsstudie, die sog. Frühinterventionsstudie, 2011 am Londoner Tavistock GIDS gestartet, konnte die Ergebnisse aus den Niederlanden (psychische Verbesserung durch PB) nicht wiederholen.

Der rechtebasierte medizinisch orientierte Ansatz (Affirmation-Only-Trend) wird von den Verfechtern für eine kindgerechte Behandlung gehalten. Gegner dieses Ansatzes sehen in der Verbreitung der Gender-Ideologie, der Beteiligung einflussreicher Pharmaunternehmen, dem Einfluss der (sozialen) Medien und der kulturellen Transformationen Tendenzen, die dazu führen können, dass immer mehr Teenager und junge Erwachsene ihre Probleme als Genderdysphorie zum Ausdruck bringen.

Besorgnis ab 2010

Ab 2010 gab vielerorts die Beobachtung folgender Entwicklungen zunehmend Anlass zur Besorgnis und führte in einigen Ländern zu weitreichenden Änderungen im klinischen Vorgehen:

  • Der unerwartete Anstieg von Fällen, insbesondere bei jugendlichen Mädchen mit vielen Begleit­erkrankungen und ohne Vorgeschichte einer Gender-Notlage
  • Vermehrte Berichte über Schäden, Detransition und Reue auch in der Gruppe, die als Minderjährige transitioniert waren (Boyd u. a., 2022; Hall u. a., 2021; Roberts u. a., 2022; Turban u. a., 2021)
  • Das Aufkommen von Gesetzen, die den Zugang zur explorativen Psychotherapie, zur Erkundung der Genderidentität ausgehend von einem neutralen therapeutischen Standpunkt erschwerten bzw. teilweise verschlossen
  • Bedenken hinsichtlich der Reife und Fähigkeit von Minderjährigen eine Einwilligung in medizinische Behandlungen mit ungewissem Nutzen und Risiko zu erteilen.
  • Fehlende Langzeitstudien, Nichtreproduzierbarkeit der niederländischen Studien
  • Ungewissheit, ob die medizinische Transition die psychiatrische Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbessert (Kaltiala u. a., 2020; Ruuska u. a., 2024)
  • Durch unhinterfragte frühe Transition können Teenager ihre sexuelle Orientierung nicht erkunden, da Pubertätsblocker auch die Entwicklung ihrer Sexualität unterdrücken. Ohne Medikalisierung besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit eines homosexuellen Coming-Outs.
  • Bedenken, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich die Identität bei Adoleszenten nicht mehr ändert.

Diese neuen Entwicklungen passten nicht mehr richtig mit dem NL-Protokoll zusammen. Mit dem Aufkommen von Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Anwendung des NL-Protokolls wurden in Finnland, Schweden, dem Vereinigten Königreich (NICE 2020a und 2020b) und dem US-Bundesstaat Florida [sowie in Deutschland] systematische Reviews zur PB und CSH-Behandlung durchgeführt, die Fragen zur Wirksamkeit der Behandlung sowie dem Nutzen-Risiko-Profil stellten. Auch in Norwegen kam Kritik auf. Es fand in diesen Ländern (Deutschland ausgenommen) allmählich eine stärkere Orientierung an der Evidenzbasierten Medizin (EBM) und infolgedessen tendenziell auch eine Änderung der Behandlung durch Abkehr vom NL Protokoll bzw. den WPATH-Empfehlungen statt. 

Die neuere evidenzbasierte Behandlungspolitik legt lt. Koslowska u. a. den Schwerpunkt auf:

“… the importance of the holistic biopsychosocial assessment and treatment, including the provision of a diagnosis of gender dysphoria and the assessment and treatment of co-morbid mental health concerns; the importance of exploratory psychotherapy from a neutral therapeutic stance as the first step in treatment; and legislation or national guidelines that delay access to gender-reassignment surgeries until legal adulthood.”

Auch der Cass-Review Abschlussbericht

„emphasizes the importance of psychological and psychosocial interventions to treat and address co-morbid mental health issues, to build resilience, to address family difficulties, to provide ‘more information about gender expressions and the range of possible interventions,’ and generally to ‘explore their concerns and experiences and help alleviate their distress, regardless of whether they pursue a medical pathway or not’.”

Außerdem stellte der Cass-Bericht (2024) fest, dass es international einen Mangel an evidenzbasierten Leitlinen gibt:

“most guidelines have not followed the international standards for guideline development, and because of this the research team could only recommend two guidelines for practice – the Finnish guideline published in 2020 and the Swedish guideline published in 2022” (p. 27)

UN-Konvention – Rechte des Kindes

Im Beitrag wird auch angesprochen, dass die 'United Nations Convention on the Rights of the Child' (United Nations, 1989) mehrere Artikel enthält, die potenziell mit dem Recht auf gender-affirmative medizinische Behandlung in Konflikt stehen bzw. dieses einschränken könnten:

Artikel 24 (Kinder haben das Recht auf eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung) gibt Anlass zur Besorgnis über staatliche Rechtsvorschriften, die Kinder zu experimentellen Behandlungen zwingen, für die es keine Forschungsgrundlage und keine langfristige Nachbetreuung gibt.

Artikel 33 (Die Regierungen sollten Wege finden, Kinder vor gefährlichen Medikamenten zu schützen) gibt Anlass zur Besorgnis über den weit verbreiteten Einsatz von Pubertätsblockern und gegengeschlechtlichen Hormonen, die von den meisten nationalen Arzneimittel­zu­lassungs­behörden nicht für Genderdysphorie zugelassen sind und wahrscheinlich irreversible Folgen für die geistige (Gehirn) und körperliche Entwicklung des Kindes haben.

Artikel 36 (Kinder sollten vor allen Aktivitäten geschützt werden, die ihre Entwicklung beeinträchtigen könnten) wirft ähnliche Bedenken auf wie Artikel 33.

Schäden und Risiken der medizinischen Maßnahmen des gender-affirmativen Ansatzes

Die nach diesem Ansatz arbeitenden Experten unterdrücken bei genderdysphorischen Teenagern die natürliche Pubertät mit Pubertätsblockern und geben nachfolgend (lebenslang) gegengeschlechtliche Hormone, um die natürliche Pubertät zu verhindern und eine Entwicklung des Phänotyp des Gegengeschlechts einzuleiten. Häufig folgen drastische Operationen, um dem Phänotyp des Wunschgeschlechts kosmetisch noch mehr zu entsprechen.

Folgende gravierende Schäden durch medizinische Transitions-Maßnahmen sind sehr wahrscheinlich bzw. irreversibel:

  • potenziellen Risiken für die neurokognitive Entwicklung, die psychosexuelle Entwicklung und die längerfristige Knochengesundheit
  • persistierende Infertilität bei früher Anwendung von Pubertätsblockern (ab Tannerstadium 2) und anschließender Behandlung mit gegengeschlechtlichen Hormonen, spätestens durch eine Hysterektomie bzw. Kastration.
  • Komplikationen bei einer Neo-Vagina-OP nach früher PB-Verwendung, da das Penis-Wachstum unterdrückt wurde.

Insgesamt konnte bisher nicht bewiesen werden, dass die medizinischen Transitions-Maßnahmen Genderdysphorie „heilen" können.

Schäden und Probleme des evidenzorientierten Ansatzes

Experten, die den gender-affirmativen Ansatz mit früher medizinischer Transition zur Verhinderung der natürlichen Pubertät vertreten, bezeichnen die Ausbildung von sekundären Geschlechtsmerkmalen bei Menschen, die sich mit dem anderen Geschlecht identifizieren, als Schaden.

Umgekehrt stehen beim evidenzorientierten Ansatz die medizinischen Transitionsmaßnahmen infrage, da Sicherheit und Wirksamkeit nicht erwiesen sind, Infertilität, Anorgasmie, Vagina-Atrophie etc. oft gravierende Schäden bedeuten.

Allerdings diskutieren Koslowska u. a. in diesem Zusammenhang auch über die sog. „explorative Psychotherapie aus einer neutralen therapeutischen Haltung heraus".

Ziel dieser ganzheitlich psychosozial orientierten Psychotherapie ist es, zu beruhigen, den Stress zu mindern, bei fundierten Entscheidungen und einem umfassenden Verständnis der Notlage zu unterstützen, die Autonomie zu erhöhen und ggf. parallel bestehende psychosoziale Probleme zu erkunden. In manchen Ländern ist das auch insoweit bedeutsam, da Gesetze und Leitlinien den Zugang zu Transitions-Operationen erst nach der Volljährigkeit zulassen.

Bei der neutralen explorativen Psychotherapie gibt es vergleichsweise ebenfalls keine nennenswerte Evidenz, allerdings gehen Experten generell bei Psychotherapie von einem eher geringen Schadenspotential aus.

Es gibt in vielen Ländern bzw. Regionen ein neueres Problem bei der Psychotherapie für genderdysphorische Jugendliche und junge Erwachsene. Aufgrund von vage oder mangelhaft formulierten Gesetzen und Regelungen zur Konversionstherapie oder einer Verwechslung von Psychotherapie und Konversionstherapie bestehen kaum noch Chancen, einen Therapeuten für eine Primärtherapie zu finden.

Fazit

Das ernüchternde Resümee der Autorinnengruppe um Dr. Koslowska lautet:

„The different forces at work in the arena of gender dysphoria are well apparent in our descriptions of guideline development in the countries where we, the authors, work and live. The interplay—the push and pull—between the rights-based approach and evidence-based approach has created a complex dynamic that will take years to play out, in different countries, and in ways that are hard to predict. Whatever the quality of the medical, cultural, and political processes that come to bear on the situation and its challenges, there is likely to be a serious human cost.”

Evolving national guidelines for the treatment of children and adolescents with gender dysphoria: International perspectives, Kasia Kozlowska u. a.*), 02.11.2024

*) Von den 23 AutorInnen sind einige sehr bekannt, wie Riittakerttu Kaltiala (FI), Mikael Landén (SW), Caroline Eliachef und Celine Masson (FR) und Ken Zucker (CA), Stella O'Malley (IRL).


Details einzelner Länder

Im o. g. Beitrag werden die Ansätze der einzelnen Länder, genderdysphorische Jugendliche und junge Erwachsene zu behandeln, genauer beleuchtet. Hier nur einige interessante Details

Australien

Das Gesundheitssystem in Australien ist dezentral organisiert, es gibt keine nationale Leitlinie für genderdysphorische Minderjährige. Im Allgemeinen wird ein auf Rechten basierender gender-affirmativer Ansatz verfolgt.

Kanada

Mittlerweile gibt es für U18 über 10 Genderidentitätsdiensten an Kliniken, die in der Regel dem rechtebasierten, gender-affirmativen Ansatz folgen.

A study by TransYouthCan reported that 62% of children referred to one of the 10 major gender clinics in Canada were prescribed hormones on their first visit.

Darüber hinaus gibt es dezentral verteilt 'Mental Health Services for Gender-diverse and Sexual Minority Youth' in vielen kommunalen Einrichtungen für psychische Gesundheit, von denen nicht bekannt ist, ob auch andere therapeutische Modelle angewendet werden. Immerhin scheint der Cass Review Abschlussbericht in Kanada große Aufmerksamkeit bekommen zu haben.

Weitere Informationen zu Kanada enthält der folgende interessante Artikel:

Psychodynamic psychotherapy for gender dysphoria is not conversion therapy, J. Sinai, P. Sim, 01.07.2024

Psychodynamic Psychotherapy as First Line Treatment for Gender Dysphoria, Webinar mit Joanne Sinai am 03.12.2024, therapyfirst

USA

Die USA sind föderal organisiert, so dass jeder einzelne Bundesstaat weitreichende Befugnisse zur unabhängigen Regulierung seines Gesundheitssystems hat. Allerdings gibt es auch Regulierungen auf Bundesebene, z.B. die Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) für alle Staaten. Die FDA hat keine Medikamente speziell zur Behandlung von Genderdysphorie zugelassen.

Seit 2024 haben 23 Bundesstaaten Gesetze, die Eingriffe zur Geschlechtsangleichung bei Minderjährigen einschränken, in einigen weiteren sind ähnliche Gesetze geplant. Etliche Bundesstaaten haben aber die Möglichkeiten medizinischer Maßnahmen ausgeweitet, beispielsweise für nicht ansässige Minderjährige.

Nach Auffassung von Gerichten gehört die Transition von Minderjährigen nicht in die US-Verfassung. Die Berechtigung zur Einschränkung von medizinischen Transitionsmaßnahmen auf Ebene von Bundesstaaten wird ab Dezember 2024 vom Obersten Gerichtshof der USA beurteilt (Skrmetti vs. US High Court).

Ergänzungen

Deutschland folgt weiterhin dem Affirmation-Only-Trend

Zu Deutschland finden sich in dem o. g. Beitrag keine Angaben. Das NL-Protokoll wird hierzulande seit 2010 zunehmend angeboten und angewandt. Allerdings gab es bereits vorher Einzelfälle, wie Kim Petras: Psychiater Meyenburg (Ffm) stellte die Indikationsschreiben aus, Endokrinologe Wüsthoff (HH) führte ab 2005 die hormonelle Behandlung durch und die OPs (U18) wurden von der GKV bezahlt.

Wie überall auf der Welt werden Pubertätsblocker und Hormone auch in Deutschland ohne Zulassung für Genderdysphorie Minderjähriger angewandt - Off-Label-Use. Auch OPs, sogar Genital-Operationen werden hierzulande bei genderdysphorischen Minderjährigen durchgeführt.

Seit 2013 gab es eine S1-Leitlinie zur Behandlung genderdysphorischer Kinder und Jugendlicher, die bis 2018 gültig war. In den folgenden 7 Jahren wurden in Deutschland Minderjährige ohne gültige medizinische Leitlinie behandelt. Ende 2024 soll eine neue S2k-Leitlinie (konsensbasiert)**) für D-A-CH veröffentlicht werden, die den gender-affirmativen Ansatz festschreibt. Die Kritik am neuen S2k-Leitlinien-Entwurf reißt nicht ab Proteste und Reaktionen

Seit 2020 gibt es in Deutschland ein Konversionstherapieverbot, das sich auch auf genderdysphorische Personen bezieht und damit den Zugang zu einer explorativen Psychotherapie***), die eine Erkundung der Genderidentität von einem neutralen therapeutischen Standpunkt aus ermöglichen kann, einschränkt.

Detransition und Reue werden von der S2k-Leitlinien-Kommission kleingeredet, die Ursachen für den steilen Anstieg der Fälle von Genderdysphorie bei Teenagern (Bachmann, 2024) sowie speziell der sehr auffällige Anstieg der biologischen Mädchen bleibt ungeklärt und besorgt gender-affirmative Versorger nach wie vor nicht.

           

**) Carl Heneghan, Direktor des Zentrums für evidenzbasierte Medizin der Universität Oxford, sagt zur Rolle von Evidenz bezüglich Leitlinien:

'There’s no such thing as ‘not enough evidence to do a systematic review,’ because what you do is set out a question and try to find all the available evidence.' If a review finds only low certainty evidence, he says, the recommendation should be to 'pursue treatment in the context of a research study addressing the uncertainties' – otherwise, patients will continue to have limited evidence to inform their decisions.' A guideline written without a systematic review 'invalidates the guideline as far as I’m concerned,' as without a rigorous appraisal of the evidence 'it comes down to opinion and dogma.'

Dispute arises over World Professional Association for Transgender Health’s involvement in WHO’s trans health guideline, J. Block, BMJ, 30.10.2024

***) Erkundende Psychotherapie aus einer neutralen therapeutischen Haltung heraus (wird im Beitrag von Koslowska u. a.) wie folgt erklärt:

„Bei der explorativen Psychotherapie arbeiten der junge Mensch und der Therapeut zusammen, um die Ursachen der wahrgenommenen Schwierigkeiten des jungen Menschen – Gefühle, Gedanken, Symptome, Verhaltensweisen – zu verstehen und so die Beziehungen und die Lebensqualität zu verbessern. Ein Kernaspekt der explorativen Psychotherapie ist die Neutralität: Der Therapeut nimmt eine neugierige, beobachtende Haltung ein und verzichtet darauf, dem jungen Menschen seine eigenen Werte oder Vorstellungen aufzuzwingen. Die Therapie zielt darauf ab, den Jugendlichen (und seine Familie) mit einem guten Verständnis der Faktoren, die zu seiner Notlage beitragen, zu stärken, gepaart mit einem guten Verständnis der möglichen Behandlungsoptionen (und ihrer Ergebnisse). Auf diese Weise unterstützt die explorative Psychotherapie aus einer neutralen therapeutischen Haltung heraus die Autonomie des Einzelnen. (D'Angelo, 2023)

In einer aktuellen Stellungnahme des UK Council for Psychotherapy heißt es, dass die explorative Psychotherapie „die vorliegenden Probleme durch offene Gespräche untersucht und ohne Vorurteile oder vorab festgelegte theoretische Rahmenbedingungen in Bezug auf die Genderidentität der Person durchgeführt wird. Ein wichtiger Aspekt der explorativen Therapie ist die Fähigkeit, das gesamte Spektrum der Probleme zu untersuchen, die dazu beitragen können, dass die Person Hilfe sucht“ (UKCP, 2023). Explorative Psychotherapie ist keine Konversionstherapie (siehe Definition unten) (D'Angelo, 2023; UKCP, UK Council for Psychotherapy, 2023)”

Florida (Bundesland der USA)

Auf der Website Let's Kids be Kids der Florida Agency for Health Care Administration werden die Leitlinien für die Behandlung der Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen (2022) für Florida bereitgestellt. Darunter befindet sich als Anlage C ein systematisches Review kanadischer ForscherInnen der McMaster-Universität.

Effects of Gender Affirming Therapies in People with Gender Dysphoria: Evaluation of the Best Available Evidence, R. Brignardello-Petersen, W. Wiercioch, 16.05.2022

Auf der gleichen Website werden einige evidenzbasierte Aussagen sog. eminenzbasierten Aussagen gegenübergestellt:

EvsE

Eminenz

Evidenz

Alle medizinischen Experten sind sich einig, dass eine „gender-bestätigende“ Versorgung medizinisch notwendig, wirksam und sicher ist, um Genderdysphorie zu lindern.

Die Beweise für Verbesserungen bei Genderdysphorie, Depressionen, Angstzuständen, Lebensqualität und niedrigen Raten unerwünschter Ereignisse nach der Behandlung mit Pubertätsblockern und Cross-Sex-Hormonen sind gering und von sehr geringer Sicherheit.

Die Verwendung von Cross-Sex-Hormonen ist sicher und die körperlichen Veränderungen sind vollständig reversibel.

Cross-Sex-Hormonbehandlungen führen zu irreversiblen Verän­derungen des Körpers, des Gesichts, der Stimmlage und der Haarentwicklung.

Pubertätsblocker sind nicht schädlich und ihre Wirkung ist leicht reversibel. Die Verwendung von Pubertätsblockern „schafft Zeit“ für Minderjährige, die sich in Bezug auf ihr Geschlecht unsicher sind.

Die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA hat kein Medikament zugelassen, das klinisch für die Behandlung von Genderdysphorie indiziert ist. Es gibt keine Belege [pdf] für die langfristigen Auswirkungen von Pubertätsblockern auf die sexuelle Funktion. Geschlechtshormone haben auch einen wichtigen und dauerhaften Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns und die Psychologie von Jugendlichen.