Iatrogene Genderdysphorie und iatrogene Schäden der Gender-Affirmation

Es gibt etliche biologische, psychologische und soziale Faktoren, die für den in den vergangenen Jahren unerwartet starken Anstieg der Fälle von Genderdysphorie (GD) bei Jugendlichen (insbesondere ♀) und jungen Erwachsenen  verantwortlich sein können. In der frühen sozialen und medizinischen Transition im Rahmen des Modells der gender-affirmativen Versorgung liegen nach Prof. Dr. Zeki Bayraktar (Istanbul Medipol University) weitere Gründe. Er spricht von „iatrogener Genderdysphorie“.

Darüber hinaus diskutiert er die „iatrogenen Schäden", die während und durch medizinische und chirurgische Transitionsprozesse auftreten.

„Iatrogenic harms can result not only from diagnostic and therapeutic interventions by healthcare professionals, particularly doctors, but also from medication side effects or institutional healthcare practices."

Die Rolle der sozialen Transition bei der Iatrogenese

Diverse Studien (wie Ristori/Steensma 2016 oder Rawee 2024) belegen, dass Genderdysphorie bei Jugendlichen, die in Ruhe gelassen werden, bis zum Erwachsenenalter abklingt. 

„These data show that in children with GD who are followed without undergoing social or medical transition, GD resolves in 80–88 % of cases during adolescence. Moreover, there is no published study showing that a cautious 'wait-and-see' approach harms children with GD or leads to adverse outcomes.“

Diverse Experten bestätigen, dass die soziale Transition einen starken Einfluss auf das Fortbestehen der Genderdysphorie hat (Steensma u. a., 2013Kaltiala 2023, Olson u. a., 2022)

„In other words, while approximately one in ten children with GD followed without social transition continued to live as transgender, nine out of ten children with GD who were socially transitioned continued to live as transgender."

Die soziale Transition wird zunehmend als „nicht neutrale Intervention“ angesehen. Sie wird mit dem Ziel gestartet, die Genderdysphorie zu reduzieren. Da sie aber regelmäßig den psychischen Zustand und die Wunschidentität festigt, ist sie kaum zu stoppen und wenn sie biomedizinische Behandlungen nach sich zieht (oft lebenslang), ist es naheliegend, sie auch als iatrogene Intervention zu interpretieren.

„As observed in the study by Olson et al, 2022 cases of GD that might otherwise resolve during active follow-up but persist (iatrogenically) due to social transition could be labeled as 'iatrogenic GD'.”

Affirmation
Nicht zu unterschätzen sind „bestätigenden Erfahrungen", die transidentifizierte Jugendliche machen. Jedes Mal, wenn in ihrem Leben etwas passiert, das ihre Weltanschauung verstärkt (Beispiel Wunschname /-Pronomen), fühlen sie sich „bestätigt“. Dies löst eine physiologische Reaktion im Gehirn aus, da Dopamin – als Botenstoff für Belohnungen – freigesetzt wird. Das menschliche Gehirn ist darauf ausgerichtet, dieses Hochgefühl zu suchen, es ist das, was uns motiviert.

Entwickler von erfolgreicher Spiele-Software und Social-Media-Websites wissen das. Eine Person mit Transgender-Ideen kann durch die soziale Bestätigung ein verstärktes Verlangen nach externen Bestätigung entwickeln.

Das junge Alter und das Vorhandensein von Komorbiditäten machen es besonders riskant, die Wahrnehmung einer Person als „wahr“ zu bestätigen. Eine Person mit Transgender-Ideologie, die eine Bestätigung von außen erhält, wird leicht dazu verleitet, an eine Illusion zu glauben. D. h. sie glaubt beispielsweise, wirklich das Geschlecht wechseln zu können.

Transitionsspirale

Darüber hinaus gibt es Schnittmengen mit dem Thema „Placebo-Effekte“. Placeboeffecte sind real und können lange anhaltend sein. Ein Jugendlicher, der beispielsweise mit seinem Wunschname und -pronomen angesprochen wird, 

„receiving special attention, and with motivated clinicians, who are invested in the benefits of the treatment under study, is likely to have higher expectations of therapeutic benefits.“ (Clayton, 2023, Benedetti, 2021)

Er wird vielleicht schon deshalb den Transitionspfad einschlagen, weil er beispielsweise in der Gender-Ambulanz von freundlichen BehandlerInnen bestätigt wird und eine Perspektive vermittelt bekommt, auch wenn diese mangels Alternativen nur die medizinische Transition ist. 

Zur „sozialen Transition" zählen auch Binding und Tucking

Eine Studie ergab, dass die häufigsten Symptome von Bindern Rückenschmerzen (65 %), Kurzatmigkeit (48,6 %), schlechte Körperhaltung (32 %), Schmerzen in der Brust (30 %) und Benommenheit (30 %) waren. Eine andere Studie ergab, dass Personen, die Brustbinden verwenden, eine abnorme Lungenfunktion haben. Die Forderung nach einer Mastektomie ist also nicht Ausdruck des Wunsches anders auszusehen, sondern beruht auch auf den medzinischen Problemen, die ständiges Binding hervorruft.

Tucking, eine Technik, bei der die Vorwölbung des Penis und des Hodens im Schritt mithilfe von Materialien wie Bandagen oder Klebeband zurückgedrängt wird, schafft temporär eine glatte Form um die Leiste herum. Tucking hat aber ernste gesundheitliche Folgen, wie Oligospermie (niedrige Spermienzahl) und Hodentorsion. Zu den in einer Studie berichteten Symptomen gehörten Juckreiz (28 %), Hautausschlag (21 %), Hodenschmerzen (17 %), Penisschmerzen (14 %) und Hautinfektionen (12 %).

Soziale Transition in der Schule

Die Rolle von Pubertätsblockern bei der Iatrogenese

Minderjährige, die Pubertätsblocker erhalten, wechseln nahezu zwangsläufig (nahezu 100 %) zu gegengeschlechtlichen Hormonen und bleiben daher auf dem Pfad der transsexuellen Entwicklung (Brik u. a., 2020, Carmichael u. a. 2021, deVries u. a., 2011). Somit erhöht die Pubertätsblockade ebenfalls die Persistenz der Genderdysphorie iatrogen.

Bayraktar stellt die Entwicklung der Behandlung genderdysphorischer Jugendlicher in den letzten 15 Jahren dar und hält die Pubertätsblockade bei den meisten heutigen Genderdysphorie-Fällen für keine geeignete Behandlungsmethode.

„In a large portion of these children and adolescents—at least in some of them—GD likely persisted due to this method, meaning these children became transgender due to this model. They were/are condemned to a series of invasive surgeries and hormones they will use for life (and their side effects) due to iatrogenesis."

Ergänzend Dr. Alexander Korte:

„Als ebenfalls nicht haltbar hat sich die Behauptung erwiesen, durch die Unterdrückung der physiologischen Pubertät ‚Zeit zu gewinnen‘, um größere Sicherheit bei der Einschätzung einer Persistenz der gegengeschlechtlichen Identifizierung und der Begründung weiterer medizinischer Schritte zu erlangen. Angesichts des dringenden Verdachts, dass mit der Entscheidung für den Einsatz von GnRH-Analoga iatrogen (durch ärztliche Maßnahmen) Einfluss genommen wird auf den weiteren Entwicklungsprozess und die Wahrscheinlichkeit einer Fortschreibung der ausschließlich negativen Befassung mit der gegebenen biologischen Geschlechtszugehörigkeit, gilt dieses Ammenmärchen mittlerweile als widerlegt: Alles deutet darauf hin, dass der durch diese erste medizinische Intervention, sei diese auch, wie behauptet, ‚partiell reversibel‘, beschleunigte ‚TransTrain‘ dann nicht mehr zu stoppen ist.“ (Hinter dem Regenbogen, A. Korte, 2024, S. 256, Fettmarkierung hinzugefügt)

Cross-Sex-Hormone und ihre iatrogene Wirkung

Diesen Punkt hat Prof. Bayraktar in seinem Beitrag nicht diskutiert. Wir Eltern von TTSB halten ihn aber für bedeutsam und möchten ihn hier durch einige Beispiele erläutern:

  • Biologisch weibliche Personen, die über längere Zeit gegengeschlechtliche Hormone in supraphysiologischen Dosen anwenden, müssen als Folgewirkung mit der Atrophie ihrer Unterleibsorgane rechnen, die i. d. R. Blutungen und Schmerzen (Baldassarre, 2013) verursacht. Wenn Testosteron beibehalten werden soll, dann ist die Entfernung der Unterleibsorgane praktisch zwangsläufig. Die irreversible und iatrogene Folge ist vor allem Infertilität. Dieser Schritt hat also wenig mit einer wirklich autonomen Entscheidung zu tun.
  • Bei biologisch männlichen Personen, die nach Pubertätsblockern gegengeschlechtliche Hormone in supraphysiologischen Dosen anwenden,
    • stoppt das Wachstum der männlichen Geschlechtsorgane endgültig, sie behalten ihren Mini-Penis. Dadurch verkompliziert sich die plastisch-chirurgische Operation erheblich, die ihnen bei weiterer Transition zu einer Neo-Vagina verhelfen soll (s. Beispiel Jazz Jennings oder Trans-OPs: Sehr tiefe Narben, 2023) - Folge: endgültige Infertilität.
    • wird die bereits durch Pubertätsblocker verursachte Hoden-Atrophie („Schrumpfhoden“) fortgesetzt. Somit werden die für die Spermienproduktion wesentlichen Strukturen beeinflusst, was dauerhafte Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat (s. Studie der Mayo-Klinik).
    Beides kann als iatrogene Wirkung gelten.

„Gender-affirmative“ Chirurgie und iatrogener Schadenszyklus

Bayraktar nennt diverse Studien, die nachweisen, dass chirurgische Maßnahmen oft nicht zur Verbesserung führen, sondern zu einer Verschlechterung der psychischen und physischen Gesundheit.

Neben Infertilität werden auch sexuelle Dysfunktionen, eine verminderte stabile Paarbindung, Drogenmissbrauch und verminderte Lebensqualität genannt und belegt. Zudem führt er drastische Studienergebnisse zur Lebenserwartung an:

„GAS [gender-affirming surgery] increases somatic and psychiatric morbidity and mortality, and decreases quality of life and life expectancy (Kuhn u. a., 2019; Simonsen u.a., 2016). According to a study examining nearly all trans individuals who underwent GAS in Denmark between 1978 and 2010, the average life expectancy in Denmark is 81.9 years for women and 78 years for men, while the average age of death in the GAS group was 53.5 years (Simonsen u. a., 2016).

Detransitionierte sind der Beweis für iatrogene Schäden

Aufgrund des veränderten Transpersonen-Mix (frühere Transitionsentscheidungen, komplexere psychische Begleiterkrankungen und/oder Neurodiversität) und flexiblerer Protokolle steigt die Zahl der Detransitionierten auf 10-30 %. Detransitionierte, die auch als „Überlebende iatrogener Schäden“ bezeichnet werden, gelten als Beweis dafür, dass „Risse im Modell der gender-affirmativen Versorgung nicht länger ignoriert werden können.“ (Jorgensen, 2023a)

Es liegt auf der Hand, dass es um maximale iatrogene Schäden geht, wenn durch die Medikalisierung und invasive chirurgische Maßnahmen Infertilität, Verlust von Sexualfunktionen, Beeinträchtigung der Harnfunktion etc. verursacht werden.

Bayraktar diskutiert noch weitere Faktoren, die die Iatrogenese bei Genderdysphorie begünstigen:

  • Übertriebene Behauptungen, heuchlerische Narrative und der Placebo-Effekt
  • Die übermäßig negative Darstellung alternativer Behandlungsmöglichkeiten
  • Die Rolle des akademischen Drucks bei der Iatrogenese

Fazit

„Changing the healthy anatomic and physiologic body to conform to a current form of gender identity flies in the face of a 2500-year-old principle, Above All Do No Harm (primum non nocere). This time-honored guidance remains relevant since there are many indicators that the long-term outcomes bring sterility, sexual dysfunction, reduced stable pair bonding, substance abuse, and shortened life expectancy to many (Hembree u. a., 2017; Jackson u. a., 2023; Levine, 2024; Newcomb u. a., 2020).“

Um den Schadenszyklus zu durchbrechen, plädiert Bayraktar für strengere ethische Grundsätze bei den Gesundheitsberufen.

Iatrogenic Gender Dysphoria and Harm Cycle in Gender Affirming Care, Z. Bayraktar, 27.03.2025

Größter systematisch iatrogener Schaden in der Geschichte der Medizin

Bereits 2024 schrieb Dr. Zeki Bayraktar in einem Forschungsbericht, der im italienischen Archiv für Urologie und Andrologie veröffentlicht wurde, dass in der Literatur kein Benefit durch geschlechtsangleichende Operationen zu finden sei. Diese Operationen verschlechterten zum einen die psychische Gesundheit und schädigten zum anderen die Harn-, Fortpflanzungs- und Sexualfunktion. Es handele sich eindeutig um einen Verstoß gegen die ethische Regel ‚Erstens: Tu nichts, was Schaden anrichtet‘.

„Transgender-Personen haben ernsthafte psychische Probleme und benötigen aufgrund dieser Probleme psychosoziale Unterstützung. Als Chirurgen verbessern wir die psychische Gesundheit von Transgender-Personen nicht mit [dieser Operation]; stattdessen arbeiten wir mit ihren psychischen Problemen zusammen und verstümmeln sie urogenital, indem wir uns auf Einwilligungserklärungen einlassen.“

Urogenital and extra genital mutilation in gender-affirming surgery: Are we violating primum non nocere? Zeki Bayraktar, 29.11.2024

ROGD Boys hat die Risiken geschlechtsangleichender Chirurgie bei Männern dokumentiert:

Die Auswirkungen von Genitaloperationen bei Männern

Mehr …

Iatrogenic Harm in Gender Medicine, Sarah C. J. Jorgensen, 19.06.2023

Gender-Affirming Treatment of Gender Dysphoria in Youth: A Perfect Storm Environment for the Placebo Effect – The Implications for Research and Clinical Practice, A. Clayton, 14.11.2022