Soziale Transition in der Schule
Vorab: Was ist „soziale Transition“ nicht?
Kleidung, Haarlängen bzw. -frisuren, Make-up, Schmuck, Verhaltensweisen, die
Gendernonkonformes äußeres Erscheinungsbild und entsprechende Verhaltensweisen alleine haben nichts mit einer Transidentität zu tun. Sie sind in der Pubertät nicht untypisch, s. auch jugendliche Trends oder Subkulturen wie Punk, Raver, Goth, Emo, Rave, etc., die sich üblicherweise im Laufe der emotionalen Reifung bis zum Erwachsenenalter verflüchtigen. Daher ist es auch nicht akzeptabel, gendernonkonforme Schülerinnen und Schüler darauf anzusprechen, ob sie evtl. transident sind oder genderkonforme Erwartungen zu formulieren.
Ganz im Gegenteil: Die Akzeptanz von Nonkonformität und Vielfalt ist gerade wichtig, damit niemand, nur um „dazuzugehören“ glauben muss, an seinem Geschlecht sei etwas nicht in Ordnung. Teenager müssen unbedingt die Freiheit haben, sich so zu präsentieren, wie sie wollen, solange sie niemandem schaden.
In der Familie ohne Genderklischees erziehen – das alleine reicht nicht aus. Damit Kinder und Jugendliche souverän mit Geschlechterstereotypen, -klischees und -konflikten umgehen können, ist es notwendig, dass auch die Bildungseinrichtungen und Medien mitmachen, letztlich die gesamte Gesellschaft. Die
- Das Interesse für bestimmtes Spielzeug sollte nie kommentiert werden.
- Sportarten sollten unabhängig vom Geschlecht frei gewählt werden können.
- Heranwachsende sollten experimentieren dürfen, um einen persönlichen Stil zu finden, der ihrer Persönlichkeit und ihren Vorlieben entspricht.
Sich Gender-Normen zu widersetzen ist üblich und darf nicht mit Genderdysphorie bzw. Trans* verwechselt werden. Eine fortschrittliche Gesellschaft umfasst alle Persönlichkeiten, unabhängig davon, ob sie irgendwelchen Stereotypen entsprechen oder nicht.
Was ist „soziale Transition“ in der Schule?
Soziale Transition beginnt mit der Änderung des Namens und der Pronomen- bzw. Personenstandsänderung, nachdem ein Schüler/eine Schülerin sich selbst als trans* oder non-binär definiert. Schülerinnen und Schüler wollen so behandelt werden, als ob sie ein anderes Geschlecht bzw. Gender hätten.
In der Schule gibt es mehrere Vorgehensweisen, eine „soziale Transition“ anzustreben:
- Eine Möglichkeit ist, dass Schülerinnen oder Schüler mit einem geänderten Personalausweis in der Schule die Namens- und Pronomenänderung verlangen. In diesem Fall waren die Eltern bei der rechtlichen Transition ihres Kindes per Gesetz zustimmungspflichtig und es kann davon ausgegangen werden, dass sie eine soziale Transition in der Schule unterstützen.
- Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Schülerinnen oder Schüler durch ein Coming-out in der Schule (Klasse oder gegenüber Klassenlehrern) ihre Transidentität bekannt geben und die Bestätigung vonseiten der Schule fordern. In diesem Fall ist es aus unserer Sicht unbedingt notwendig, dass die Schule mit den Eltern spricht, sie darüber informiert und herausfindet, ob es eine familieninterne Übereinkunft gibt und wie die soziale Transition in der Schule im Detail gehandhabt werden kann.
Wenn Eltern einer sozialen Transition nicht zustimmen, sollte eine Schule dies respektieren und unbedingt davon absehen, sie im Alleingang durchzuführen. Schulpersonal ist nicht qualifiziert, die Angemessenheit einer sozialen Transition von Kindern zu beurteilen.
Während früher die rechtliche Transition (als Teil der Sozialen Transition) erst während oder sogar am Ende der medizinischen Transition durchgeführt wurde, steht sie heute oft am Anfang einer Transition. Es ist ein einfacher Verwaltungsakt und Jugendliche könnten den Eindruck haben, dass die anderen Transitionsmaßnahmen ebenfalls eine Lappalie sind. Interimsweise gab und gibt es weiterhin die Möglichkeit, einen sog. Ergänzungsausweis zusätzlich zu anderen Dokumenten zu benutzen.
Was ist problematisch an der Sozialen Transition?
Es scheint zunächst, als sei eine Soziale Transition eine relativ harmlose Sache. Bei genauerem Hinsehen ist es vermutlich besser, vorsichtig zu sein, da es sich um eine starke aktive psychologische Maßnahme handelt, die die psychische Entwicklung des Teenagers beeinflusst1:
- Mit der sozialen Transition wird die Sozialisation, das Erwachsenwerden im biologischen Geschlecht abrupt unterbrochen, die Möglichkeit, sich mit dem sich entwickelnden Körper zu versöhnen, sinkt.
- Die Neuorientierung im Wunschgeschlecht ist für Jugendliche selten unproblematisch im Alleingang zu bewältigen. Im Schulalltag kann die soziale Transition durchaus anstrengend sein, es können Irritationen, übersteigerte Erwartungen, Enttäuschungen auftreten und müssen bewältigt werden. Eine Soziale Transition setzt daher unbedingt eine Befürwortung der Eltern voraus, die ihrerseits darauf bestehen sollten, dass sie nicht ohne therapeutische Begleitung stattfindet.2
- Die soziale Transition kann zwar theoretisch ohne große Folgen rückgängig gemacht werden, eine Rückorientierung ist aber für junge Menschen sehr schwer, weil es ihnen wie ein Fehler vorkommt und sie sich in der Regel sehr dafür schämen oder glauben, sich rechtfertigen zu müssen. Eine Abkehr von der Transidentität erfordert meist einen Schulwechsel, weil die Rückorientierung für einen Teenager leichter fällt, wenn er als „unbeschriebenes Blatt“ neu beginnen kann.
- Die soziale Transition bringt den Teenager auf einen Weg einer permanenten Bestätigung des Wunschgeschlechts, teilweise erfährt er deutlich mehr Aufmerksamkeit als bisher oder wird sogar „gefeiert“. Die soziale Transition kann somit zu einer iatrogenen Persistenz der Genderdysphorie führen. In der Regel ist das der Auftakt zu einer Phase, in der sich der Wunsch nach medizinischen Maßnahmen konkretisiert, weil die soziale Transition ständig die Inkonsistenz zwischen dem biologischen und dem Wunschgeschlecht bewusst macht und für den Teenager eine ernste Angelegenheit ist.3
Der Glaube, dass es ein „Geborensein im falschen Körper“ gäbe, wird verstärkt. Erste medizinische Probleme entstehen durch das Abbinden von Brüsten und männlichen Geschlechtsteilen, die nicht oder nicht leicht rückgängig zu machen sind und die bei jungen Menschen aufgrund der Unannehmlichkeiten, Schmerzen, Atemproblemen und Einschränkungen beim Sport den Wunsch zur Medikalisierung bis hin zu schädlichen und irreversiblen chirurgischen Maßnahmen begünstigen, wie Hormone, Mastektomien oder drastische Genitaloperationen.4
- Die Pubertät ist eine Phase, in der (noch) niemand (auch keine/r der LehrerInnen oder ExpertInnen) genau wissen bzw. diagnostizieren kann, warum sich ein Teenager so präsentiert. Oft spielen andere Vulnerabilitäten, psychosoziale Bedürfnisse oder psychische Probleme eine Rolle (Ängste, Depressionen, Minderwertigkeitsprobleme, Autismus etc.) oder Probleme mit der Sexualität oder es geht letztlich um internalisierte Homosexualität bzw. ein entsprechendes Coming-out.
- Niemand, auch kein Therapeut, kann wissen, ob ein Jugendlicher einen transsexuellen Weg gehen wird bzw. auf Dauer transsexuell sein wird.
- Für die Schule, d. h. die Peer-Group bzw. die Mit-SchülerInnen bedeutet die soziale Transition: Je mehr Teenager eine soziale Transition machen, desto mehr MitschülerInnen stecken sich mit dem Phänomen Trans* an. Die Gefahr, Gendernonkonformität als Trans* zu interpretieren oder gar damit zu verwechseln, steigt. Die Aufmerksamkeit oder die „Sonderregelungen” für Trans* sind möglicherweise auch für andere attraktiv. (1. Absatz „Was ist es nicht?")
„They lose touch with biological reality." (SEGM, 2022)
Die prinzipiellen Regelungen zum schulischen Umgang und den Vorgehensweisen mit SchülerInnen, die ihren Namen und ihre Pronomen ändern wollen, sollten unbedingt in der Schulkonferenz besprochen und ins Schulprogramm der Schule aufgenommen werden.
Broschüre zur Sozialen Transition
1 Soziale Transition ist kein neutraler Akt
„Social transition – this may not be thought of as an intervention or treatment, because it is not something that happens within health services. However, it is important to view it as an active intervention because it may have significant effects on the child or young person in terms of their psychological functioning. There are different views on the benefits versus the harms of early social transition. Whatever position one takes, it is important to acknowledge that it is not a neutral act, and better information is needed about outcomes .“
The Cass Interim Report: Unabhängige Überprüfung der Geschlechtsidentitätsdienste für Kinder und Jugendliche, 2022
2 Triangulation?
Eltern kennen ihr Kind am längsten und am besten. Sie sehen ihr Kind ganzheitlich und sie wissen auch über Komorbiditäten und psychosoziale Bedingungen am meisten. Auf jeden Fall wäre es ungünstig, wenn dadurch, dass Schule und Elternhaus bei der Sozialen Transition unterschiedlicher Meinungen sind, eine schwierige und nicht hilfreiche Situation von dysfunktionaler Triangulation geschaffen wird. Diese untergräbt die elterliche Autorität erheblich, sie kann Erziehungskompetenzen und innerfamiliäre Beziehungsqualitäten infrage stellen.
„When teachers take on the role of saviour of the poor helpless child victim against the evil, persecuting parent, they are setting the stage for destructive conflict. It is important that you feel empowered to call out any triangulation system developing — especially in the context of overeager school staff who are keen to socially transition your child without considering the impact on their life.” (Ayad, Littman, O'Malley)
Eine soziale Transition in der Schule sollte daher nie ohne elterliche Befürwortung und (familien-)therapeutische Beteiligung stattfinden.
3
TTSB zum SBGG
„Das Selbstbestimmungsgesetz regelt zwar nicht die so genannte „Versorgung“ mit medizinischen Maßnahmen, agiert aber auch nicht im „luftleeren Raum“. Die stark vereinfachte Möglichkeit der Namens- und Personenstandsänderung signalisiert leichtgläubigen jungen Menschen unrealistischerweise, dass es ebenso einfach und schnell möglich ist, das körperliche Geschlecht zu wechseln. Wir gehen davon aus, dass die soziale Transition für genderdysphorische/genderinkongruente Jugendliche zum Ausgangspunkt für medizinische Interventionen werden kann: Wenn Vorname und Personenstand geändert sind, ist der Körper umso schwerer zu ertragen. In ihrer Not sehen sie in der Regel keinen anderen Ausweg und bekommen oft auch keine anderen Behandlungsmöglichkeiten angeboten.“ (Spannungsfeld Selbstbestimmung vs. Schutz von Teens & Twens - TTSB-Stellungnahme)
Binding und Tucking
Eine Studie ergab, dass die häufigsten Symptome von Bindern Rückenschmerzen (65 %), Kurzatmigkeit (48,6 %), schlechte Körperhaltung (32 %), Schmerzen in der Brust (30 %) und Benommenheit (30 %) waren. Eine andere Studie ergab, dass Personen, die Brustbinden verwenden, eine abnorme Lungenfunktion haben. Das Tragen von Bindern über zu viele Stunden am Stück macht sie gefährlich.
Health impact of chest binding among transgender adults: a community-engaged, cross-sectional study, S. Peitzmeier et al , 2017
Understanding the effects on lung function of chest binder use in the transgender population, R. Cumming, et al., 2016
Tucking ist eine Technik, bei der die Vorwölbung des Penis und des Hodens im Schritt mithilfe von Materialien wie Bandagen oder Klebeband verdeckt wird. Dies schafft eine glatte Form um die Leiste herum, hat aber ernste gesundheitliche Folgen, wie Oligospermie (niedrige Spermienzahl) und Hodentorsion. Zu den in einer Studie berichteten Symptomen gehörten Juckreiz (28 %), Hautausschlag (21 %), Hodenschmerzen (17 %), Penisschmerzen (14 %) und Hautinfektionen (12 %).
Understanding the health effects of binding and tucking for gender affirmation, T. Poteat, 2018
4 Soziale Transition im NL Protokoll
Die Niederländischen Behandler haben in ihrem ursprünglichen NL-Protokoll eher Neutralität und keine Soziale Transition empfohlen. In einer frühen Studie von Steensma u. a. heißt es:
„Soziale Transitionen in der Kindheit waren wichtige Prädiktoren für die Persistenz, vor allem bei gebürtigen Jungen.”
Factors Associated with Desistence and Persistence of Childhood Gender Dysphoria – A Quantitative Follow-Up Study, Th. D. Steensma, 2013
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