„Nennen Sie es nicht evidenzbasiert”
Die Studienlage zu den Behandlungsmethoden für genderinkongruente Minderjährige ist weltweit dieselbe. Die verschiedenen medizinischen Leitlinien, die zur Behandlung von Gender-Inkongruenz herausgegeben wurden, zeigen allerdings eine enorme Bandbreite an Empfehlungen und Bewertungen der Evidenz, obwohl die Kriterien und Strukturen zur Evidenz mittlerweile gut definiert sind.
Während WPATH, AAP und die Endocrine Society (USA/International) von evidenzbasierter, lebensrettender und individueller Versorgung und sogar von „medizinischer Notwendigkeit” sprechen, bezeichnen einige europäische Länder, wie England und vor allem Finnland, Schweden und
British Medical Journal
In einem hochinteressanten Beitrag der renommierten medizinisch wissenschaftlichen Fachzeitschrift British Medical Journal (BMJ) bilanziert Jennifer Block den aktuellen Stand der unter Wissenschaftlern polarisierten Diskussion zur Behandlung von Jugendlichen mit Gender-Inkongruenz, welche Leitlinien es gibt und welche Qualität und Vertrauenswürdigkeit diese haben.
Jennifer Block kündigte ihren BMJ-Beitrag auf Twitter folgendermaßen an:
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„Gender-affirming care for adolescents in the US is frequently called evidence-based, even lifesaving. But there is little certainty in the evidence about the benefits of medical treatments, and growing professional concern about possible harms.”
Gender dysphoria in young people is rising - and so is professional disagreement, J. Block, BMJ, 23.02.2023
Sie schreibt, dass es um Wissenschaft geht und nicht um Politik:
„There’s little dispute within the medical community that children in distress need care, but concerns about the rapid widespread adoption of interventions and calls for rigorous scientific review are coming from across the ideological spectrum.”
Fachleute für Evidenz
Block befragte Fachleute, wie Mark Helfand, der Professor für medizinische Informatik und klinische Epidemiologie in Oregon ist. Zu den WPATH-Leitlinien, die zu einem erheblichen Teil auf sog. konsensbasierten Expertenmeinungen beruhen (von Kritikern auch „Eminenzbasierung“ genannt), merkte er an, dass sie in Ermangelung hochwertiger Beweise und angesichts einer bedürftigen Patientenpopulation, die bereit sei, ein höheres persönliches Risiko einzugehen, durchaus gerechtfertigt seien. „But don’t call them evidence based.”
Eine Behandlungsempfehlung als „evidenzbasiert“ zu bezeichnen, sollte bedeuten, dass eine Behandlung oder Richtlinie nicht nur systematisch untersucht wurde, so Helfand, sondern dass es auch qualitativ hochwertige Belege für ihre heilsame und nutzbringende Anwendung gibt.
[Weak evidence] “doesn’t just mean something esoteric about study design, it means there’s uncertainty about whether the long term benefits outweigh the harms."
Dr. Guyatt, Professor für Methoden der Gesundheitsforschung und Evidenz in Kanada, hat die Kriterien für die Evidenzbasierung vertrauenswürdiger medizinischer Leitlinien mitentwickelt.
Er sagt, um Erfolg zu haben und ernst genommen zu werden, müsse jetzt jeder Experte behaupten, evidenzbasiert zu handeln. Aber viele von ihnen hielten sich nicht besonders an die Standards der evidenzbasierten Medizin – das sei ihr Misserfolg.
„When there’s been a rigorous systematic review of the evidence and the bottom line is that ‚we don’t know,’ anybody who then claims they do know is not being evidence based.”
Die WPATH hat gar keine systematische Evidenzprüfung in Bezug auf Minderjährige durchgeführt und behauptet sogar, dass die Erkenntnisse so begrenzt seien, dass „eine systematische Überprüfung der Behandlungsergebnisse bei Jugendlichen nicht möglich ist". Guyatt, der auch die WPATH-SOC überprüft hat, ist jedoch der Meinung, dass „systematische Überprüfungen immer möglich sind“, auch wenn nur wenige oder keine Studien die Zulassungskriterien erfüllen.
Dr. Robert Garofalo, Leiter der Abteilung für Jugendmedizin am Lurie Children's Hospital in Chicago, äußert den Eindruck, die Praxis der affirmativen Behandlung sei bereits fest etabliert, obwohl die Untersuchung der Evidenzbasis noch hinterherhinke.
Ohne objektive Diagnosetests bestehen 2 wesentliche Probleme:
- Die langfristigen Auswirkungen der Behandlung sind unsicher.
- Die Frage, ob die Genderidentität bestehen bleibt, kann nicht mit Sicherheit prognostiziert werden.
In den USA ist die pädiatrische Transition sehr etabliert
TTSB hat am 21.11.2024 per Mail bei der Initiative DoNoHarm nach der Zahl der Kliniken, Krankenhäuser, Genderambulanzen in den USA gefragt. Hier die Antwort:
„Was die Anzahl der Krankenhäuser betrifft, so haben wir in unserer Datenbank
1.974 Einrichtungen (einschließlich Krankenhäuser, chirurgische Zentren, unabhängige Einrichtungen) gefunden, die Transgender-Versorgung für Minderjährige anbieten. Wir haben uns in der Datenbank nicht mit Erwachsenen befasst. Unser Projekt in Bezug auf 'gender-affirmative Versorgung' konzentriert sich ausschließlich auf Kinder.”
Es gibt allein mehrere Hundert Gender-Kliniken, die teilweise erstaunliche Zahlen aufweisen, z. B. bei den Mastektomien bei Minderjährigen und jungen Erwachsenen aufgrund von Genderdysphorie.
USA: Brustamputationen bei genderdysphorischen Mädchen
Anzahl der Mastektomien in einem Krankenhaus in Los Angeles, J. Olson-Kennedy u. a., 2018
Sarah Palmer, eine niedergelassene Kinderärztin (USA) über die schnelle Bestätigung in den USA:
I have seen a quick evolution, from kids with a very rare case of gender dysphoria who were treated with a long course of counselling and exploration before hormones were started, to treatment progressing very quickly - even at the first visit to gender clinic - and there’s no psychologist involved anymore.
Auch Chloe Cole, die mit 13 Jahren Pubertätsblocker bekam, mit 15 Jahren eine Mastektomie hatte und bereits mit 18 Jahren detransitionierte, kommt zu Wort:
„Many of us were young teenagers when we decided, on the direction of medical experts, to pursue irreversible hormone treatments and surgeries. This is not informed consent but a decision forced under extreme duress.”
Gender dysphoria in young people is rising - and so is professional disagreement, J. Block, BMJ, 23.02.2023
Pro-Trans-Propaganda in Amerika
„DIE WISSENSCHAFT IST GEKLÄRT“
Which way to go? Confident treatment advice versus weak evidence, B. Lane, 24.02.2023
„Since 2020, there have been five systematic reviews carried out by public health authorities in Finland, Sweden, England (two for the Cass review) and the American state of Florida. All concluded that the evidence base for medicalised gender change with minors was weak and uncertain.” B. Lane
Gender-affirming guidelines under the microscope, B Lane, 16.02.2023
A Dose of Sanity in the Media Madness BMJ's new bombshell and NYT's award nomination, L.S. Davis, 24.02.2023
The evidence to support medicalised gender transitions in adolescents is worryingly weak - The effectiveness and side-effects of the most common treatments are not well understood, economist, 05.04.2023
What America has got wrong about gender medicine – Too many doctors have suspended their professional judgment, economist, 05.04.2023
Does Gender-Affirming Medicine Help Trans-Identifying Youth? The importance of transparency in research on trans care, Psychologytoday, Ferguson, 07.04.2023
Increasing Number Of European Nations Adopt A More Cautious Approach To Gender-Affirming Care Among Minors, Forbes, 06.06.2023
Deutschland – Wende oder ‚Weiter so'?
Transition kann ein Kunstfehler sein – speziell bei Minderjährigen
BMJ Themenheft
Anfang März 2023 gab es noch weitere Beiträge im bmj zur Debatte um Gender Identity und Gender Dysphoria:
„The debate on gender dysphoria perfectly captures all that is unsavoury about the intersection of science, medicine, and social media.”
Caring for young people with gender dysphoria, Abbasi (Chief)
Gender identity services in the UK are on pause as evidence comes under scrutiny, H. Barnes
Gender identity, polemics, and empathy, John Launer
Norway’s guidance on paediatric gender treatment is unsafe, says review, J. Block, 23.03.2023
2019 - BMJ-Evidenzbericht von Heneghan /Jefferson
Bereits 2019 kamen Prof. Carl Heneghan (Uni Oxford) und Dr. Tom Jefferson in einer
“Little is known about the safety profile [of puberty blockers] in the context of gender dysphoria, particularly the long-term effects, and use is based largely on the effects of treatment of central precocious [or premature] puberty. ... We wonder whether off-label use is appropriate and justified for drugs such as spironolactone [used to reduce testosterone] which can cause substantial harms and even death. We are also ignorant of the long-term safety profiles of the different [opposite-sex hormone] regimens.”
Jetzt, im Juni 2023, bestätigte auch England diese Ansicht und beschränkte PB auf klinische Studien. Zwischenzeitlich sind auch die nordischen Länder
Jefferson und Heneghan haben jetzt ihren Beitrag von 2019 noch einmal aufgegriffen:
„We found poor-quality evidence wherever we looked [in youth gender medicine], which appears to be a problem swept under the table, ... What matters now is how many children have been harmed in the intervening four years it took NHS England to review the evidence and come to the same conclusion.” they wrote on Friday."
Gender-affirming hormones in children and adolescents - We got there in the end, Tom Jefferson und Carl Heneghan, 15.06.2023
Bernard Lane berichtet über die Debatte und die Konsequenzen für Prof. Heneghan, die der BMJ-Beitrag 2019 ausgelöst hat. Außerdem zitiert er Dr. Ken Zucker, internationaler Experte für GD-Jugendliche aus Canada, der zu den Erkenntnissen von Jefferson/Heneghan und den Ursachen für die „völlige Evidenzlücke in diesem Bereich” in
„When I’m in a cynical mode, I sometimes joke around and say, ‘If you don’t do research, you write guidelines’.”
'Told you so' - There never was good quality evidence for paediatric gender change, B. Lane, 19.06.2022