Psychotherapie als nicht-invasive Behandlungs-Alternative

Michael Browning Unsplash 246513 Der Psychoanalytiker David Schwartz (New York) analysierte viele Behandlungsprotokolle, ihm fiel auf, dass die Standardbehandlung bei genderdysphorischen Kindern und Jugendlichen vor allem aus übereilten pharmakologischen und chirurgischen Maßnahmen bestand. Beurteilungen (Empfehlungen/Weiterleitungen) wurden manchmal nach nur 1 Sitzung vorgenommen.

Schwartz stellte anhand der Berichte fest, dass Psychotherapie zumeist nur als Ergänzung zur medizinischen Behandlung zum Einsatz kam, als Teil der Bemühungen den Weg der medizinischen Behandlung zu begleiten, niemals als primäre Maßnahme. Die „Dringlichkeit" der Jugendlichen sei von den Behandlern übernommen worden, statt Geduld und Selbstvertrauen zu vermitteln. Hinzu komme, dass das Internet genderdysphorischen Jugendlichen suggeriere, es gäbe einen gut abgesicherten Weg der „schnellen körperlichen Metamorphose”.

Das alles beunruhigte David Schwartz, so dass seine Analysen veröffentlichte, alternative Optionen erörtete und ausprobierte.

When Doing Less Is Helping More, Clinical and Ethical Considerations in the Treatment of Gender Dysphoric Children and Adolescents, D. Schwartz, 22.11.2021

Psychotherapy for Children and Adolescents with Gender Dysphoria, SE GM, 08.12.2021

One psychologist who gets it: 'Trans' kids and their parents deserve better, 2015

Psychotherapie hat viele Vorteile

Schwartz begründet, warum es nicht gerechtfertigt ist, die Psychotherapie zu vernachlässigen. Während gerade bei der Verabreichung der chemischen Mittel die tatsächlichen Folgen nicht ausreichend bekannt sind, sei Psychotherapie die beste Behandlungsoption für diese Patienten, da sie "vor allem nicht schade"-

So my narrow purpose today is to persuade you that in the treatment of children and adolescents, no matter what the diagnosis, encouraging mastectomy, ovariectomy, uterine extirpation, penile disablement, tracheal shave, the prescription of hormones which are out of line with the genetic make-up of the child, or puberty blockers, are all clinical practices which run an unacceptably high risk of doing harm.

Schwartz erklärt, welche implizite Botschaft Experten vermitteln, wenn sie Jugendlichen beispielsweise Pubertätsblocker anbieten:

We are validating the idea that the advent of puberty is a fearsome thing that calls for a prophylactic medical intervention. That is the last message I want to send to a gender dysphoric child.

Laut Schwartz nennt die 5 relevantesten Längsschnittstudien zu genderdysphorischen Kindern, die keine körpermedizinische Interventionen erhalten haben: (Green (1987), Drummond et al. (2008), Singh et al. (2010), Wallien und Cohen-Kettenis (2008) und Zucker (2008) sowie Singh et al. (2021).

Here is the conclusion of those studies: the great majority of the children, (80% is the summary figure usually given) simply stop having the complaint or making the identification by late adolescence, and a large proportion of them become gay and lesbian adults. This giving up of the transgender complaint has become known as “desisting” in the literature. Its frequency varies from study to study, but never sinks below a majority (from as much as 96% to as few as 50%)

Für Desister wäre eine Behandlung, die irreparabel oder schädigend ist, nicht zu rechtfertigen. Bei denen, die genderdysphorisch bleiben, wäre sie zwar zu begründen, aber es fehlt die objektive Möglichkeit vorher festzustellen zu welcher Gruppe eine Person gehören wird. Schwartz ist daher der Meinung, dass jeder genderdysphorische Teenager als potenzieller Desister betrachtet werden sollte.

This way of thinking would also have the effect of engendering more optimism and less panic in the parents of any given, trans child

Schwartz erläutert, dass und warum Gender und Genderidentität rein psychologischer Natur ist, Beides wird sowohl vom Individuum selbst als auch von Beobachtern geistig als Subjektivität erlebt:

It is experienced by the individual and by observers of an individual, mentally, as a subjectivity.

Schwartz interpretiert die Genderdysphorie dahingehend, dass mit der Bildung der Genderidentität im Laufe der Entwicklung etwas falsch gelaufen ist, was zu der Qual für den Jugendlichen führt. Diese Problematik könne  durch Psychotherapie gelöst werden, indem der Klient seine wahre Geschichte erzählt und den Konflikt erforscht und entdeckt, was er für ihn bedeutet. Dieser Reise ins Unbewusste unterstützt der aufmerksame und empathische Therapeut.

Gender, an ideational configuration only, was being centralized and reified (with cultural cooperation) to function as a defense against other, unspoken dreads.

Schwartz plädiert für Psychotherapie als Primärtherapie, eine Low-Tech-Behandlungsoption, die Klienten helfen kann, sich in ihrem vorhandenen Körper wohlzufühlen. Hilfreich wären regelmäßige Sitzungen, die sogar häufiger als einmal pro Woche stattfinden sollten. Als Psychotherapeut versucht Schwartz allen Aspekten der Persönlichkeit, die zugunsten des Gender-Thema vernachlässigt worden sind, große Aufmerksamkeit zu schenken.

Interessanterweise machte er außerdem folgende Erfahrung mit GD-Jugendlichen:

In a significant number of cases where young people were brought to me with gender as the only designated problem, other, more serious psychiatric conditions were present and not mentioned by any of the parties involved – previous clinicians, school officials, parents or the child in question

Dies könne sogar einen Teil der etwas erhöhten Suizidalität erklären, die bei Jugendlichen mit Genderproblemen z. B. bei gleichzeitiger Schizophrenie und affektiven Erkrankungen beobachtet wurde.

Rat für Eltern

To the parents ... I gave the emphatic advice to give intense and plentiful attention to their child, but not speak about gender at all. Listen to whatever your child has to say on the subject if they bring it up, be interested, but make no contribution of your own and never initiate it.