Bundestagsreden zu medizinischen Transitionsmaßnahmen bei U18
Am 31.01.2025 fand eine 40-minütige Debatte im Parlament des Dt. Bundestages statt, in der es um Themen wie „Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie vor geschlechtsangleichenden medizinischen Eingriffen“ und frühkindliche Sexualaufklärung ging. Die Debatte kann als interessante Ergänzung zu den Wahlprogrammen und
In der Bundestags-Debatte am 31.01.2025 kam für die CSU/CSU zum Thema „Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie vor geschlechtsangleichenden medizinischen Eingriffen“ u. a.
"Kommen wir mal zum ersten Antrag. Da möchte ich anmerken, dass es Regelungen gibt, die eindeutig sind, welche medizinischen Eingriffe es für Jugendliche ab 14 Jahren gibt. Die werden in enger Zusammenarbeit mit entsprechenden Fachleuten gemacht. Es gibt dazu auch noch die Beteiligung des Familiengerichts. Das ist alles so geregelt worden, dass das Kindeswohl eindeutig im Mittelpunkt steht, und das ist gut so. Wir als Union vertrauen dem bestehenden System und dem verantwortlichen Umgang damit. Da müssen wir nichts machen; es gibt keine Notwendigkeit, dass wir seitens der Politik da irgendwie eingreifen." [Plenarprotokoll vom 31.01.2025, S. 27575, Fettmarkierung hinzugefügt]
Ralph Edelhäußer spricht von „WIR ALS UNION", die dem bestehenden System vertraue und die Überzeugung vertritt, dass zum Thema Kinderschutz bei geschlechtsangleichenden medizinischen Eingriffen alles bestens geregelt ist.
Als betroffene Eltern fragen wir uns allerdings:
- Wo gibt es bitte einen Schutz für Kinder unter 14 Jahren vor solchen medizinischen Eingriffen? Woher nimmt Herr Edelhäußer die Zahl 14 als Altersgrenze und wie kommt er zu der Aussage, dass es eindeutige Regelungen gäbe beim Schutz von Minderjährigen mit Genderdysphorie vor medizinischen Eingriffen?
- Was meint er mit Regelungen zur Beteiligung des Familiengerichts bei medizinischen Maßnahmen?
- Hat er noch nie etwas vom Tavistock-Skandal gehört, von Detransitionierten oder vom übermäßigen und unerklärbaren Anstieg der Teens & Twens, die sich plötzlich trans-identifizieren?
- Ist die Debatte zu den Leitlinien in Deutschland völlig an Ralph Edelhäußer vorbeigegangen?
Ein weiterer CDU/CSU-Abgeordneter, Dr. Stefan Kaufmann, driftete in seiner Rede direkt zur Gleichstellung von homosexuellen Paaren ab –
„Stecken geblieben sind wir eigentlich nur bei der Ergänzung des Artikels 3 Grundgesetz, um das Erreichte auch verfassungsfest zu machen, und bei der Reform des Transsexuellengesetzes. Heute kommen wir hier zusammen, um über Anträge einer Partei zu diskutieren, die in weiten Teilen rechtsextremistisch, demokratiefeindlich und queerfeindlich ist."
Es gibt nach unserer Kenntnis in der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages einzelne Abgeordnete, die sich zum Thema der Medikalisierung bei Genderdysphorie deutlich besser auskennen bzw. eine andere Meinung dazu haben. Warum wollten oder durften diese in der Debatte letzte Woche nicht für ihre Partei reden?
Die Anträge
Die Anträge wurden von AfD-Abgeordneten gestellt. Ein Antrag enthält ernst zu nehmende Bedenken, ob Minderjährige einwilligungsfähig sind und medizinische Transitionsmaßnahmen aufgrund ihrer gravierenden Folgen und der unzureichenden Evidenz nicht sinnvoller erst im Erwachsenenalter erfolgen sollten. Zudem wird darauf aufmerksam gemacht, dass die frühe Transitionsbehandlung iatrogen eine Geschlechtsdysphorie forcieren kann oder möglicherweise auch einen Übergang in die Homosexualität verhindert. Überdies wird die sachliche Darstellung zur Geschlechtsdysphorie bzw. Transgeschlechtlichkeit in allen von der Bundesregierung geförderten Medien und Projekten angemahnt.
Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie vor geschlechtsangleichenden medizinischen Eingriffen, BT-Drucksache 20/4213
Der andere Antrag enthält Bedenken hinsichtlich der Empfehlungen der Bundesregierung zur Sexualaufklärung im Bildungssystem.
Für eine Einstellung der Finanzierung frühkindlicher Sexualaufklärung in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drucksache 20/14717
Auszüge aus Reden von Abgeordneten der anderen Parteien
Heike Engelhard (SPD) begann ihre Rede zur Medikation mit dem Thema Pubertätsblocker:
„Glauben Sie wirklich, dass in Deutschland ein Medikament zugelassen würde, das so große Risiken hat, wie Sie behaupten? ... Pubertätsblocker ermöglichen es, mehr Zeit für die weitreichenden Entscheidungen einer Geschlechtsangleichung zu gewinnen."
Anscheinend ist Heike Engelhard noch immer nicht bekannt, dass Pubertätsblocker weltweit off-label verwendet werden, d. h. dass sie für das Stoppen der natürlichen Pubertät nirgends zugelassen sind.
Sie wurde schließlich von der Parlamentspräsidentin mit einem Ordnungsruf gerügt, weil sie in ihrer weiteren Rede mehrfach den Begriff „Nazis“ in abwertender Weise in Richtung der antragstellenden Abgeordneten verwendet hatte.
Einige Abgeordnete trugen ihre Reden nicht live vor, sondern gaben sie zu Protokoll. Sie sind im Plenarprotokoll nachlesbar.
Jan Plobner (SPD) hat in seiner Rede formuliert:
„Sparen Sie sich ihren Unsinn, Sie würden Kinder schützen wollen! Wenn es Ihnen wirklich darum gehen würde, Menschen zu helfen, dann würden Sie zuhören. Dann würden Sie dem überwältigenden Konsens der Wissenschaft vertrauen.”
Mareike Lotte Wulf (CDU) referenziert auf die AWMF-Leitlinie und hält das vorgeschlagene Verbot für unverhältnismäßig:
„Diese wissenschaftlich fundierte Leitlinie ist das Ergebnis von Diskussionen und Erkenntnissen innerhalb der medizinischen Fachgemeinschaft." ...
„Ihr Antrag beruht auf der Annahme, dass die Geschlechtsdysphorie bei den meisten betroffenen Kindern ein vorübergehendes Phänomen ist. Derzeit gibt es in Deutschland keine Hinweise darauf, dass unsere Fach- ärztinnen und Fachärzte dies nicht unterscheiden können und Kinder in großem Stil falsch behandelt werden, wie dies zum Beispiel in Großbritannien beim Tavistock Centre der Fall war.”
Nyke Slawik (Bündnis90/Die Grünen) schreibt in Bezug auf die neue AWMF-Leitlinie zur Genderdysphorie/Genderinkongruenz bei Minderjährigen ebenfalls von „bewährten medizinischen Vorgehensweisen“.
„Medizinische und psychologische Fachgesellschaften sprechen sich in ihrer neuen Leitlinie dafür aus, transgeschlechtlichen Jugendlichen den Zugang zu medizinischen Maßnahmen zu ermöglichen." …
„Ich bin schockiert, dass Sie in Union, BSW und AfD eine Rückabwicklung des Selbstbestimmungsgesetzes planen.”
Dokumentation
Hier können Sie sich selbst ein Bild von den RednerInnen und der gesamten Debatte machen:
Das Plenarprotokoll der Parlaments-Sitzung des Dt. Bundestages vom 31.01.2025, die Seite 27599ff. und 27623ff.
Die Debatte als Videos, Bundestag, 31.01.2025
Petition des Dt. Ärztetages zur „Behandlung einer Geschlechtsdysphorie bei Minderjährigen“
Zur Erinnerung: Im Mai 2024 hat der Dt. Ärztetag mit großer Mehrheit Vorsicht bei der Behandlung von Minderjährigen mit Geschlechtsdysphorie angemahnt.
„Der 128. Deutsche Ärztetag 2024 fordert die Bundesregierung auf, Pubertätsblocker, geschlechtsumwandelnde Hormontherapien oder ebensolche Operationen bei unter 18-Jährigen mit Geschlechtsinkongruenz (GI) bzw. Geschlechtsdysphorie (GD) nur
- im Rahmen kontrollierter wissenschaftlicher Studien und
- unter Hinzuziehen eines multidisziplinären Teams sowie
- einer klinischen Ethikkommission und
- nach abgeschlossener medizinischer und
- insbesondere nach psychiatrischer Diagnostik und Behandlung eventueller psychischer Störungen
zu gestatten.
Dabei müssen die Therapieergebnisse jeglicher Interventionen dieser Art soziologisch, medizinisch, kinder- und jugendpsychiatrisch, sozial und psychologisch über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren nachverfolgt werden und die Evaluationsergebnisse in die Überarbeitung der 'Leitlinie Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter: Diagnostik und Behandlung' einfließen."
Behandlung einer Geschlechtsdysphorie bei Minderjährigen, Dt. Ärztetag, 10.05.2024