Sie behandeln alle, die nicht bei drei auf den Bäumen sind

sharon mccutcheon x8 VLfYWnFo unsplash Dr. Alexander Korte berichtet über die Mitglieder und Mitgliedsorganisationen der WPATH, deren unethische Praktiken anhand der kürzlich veröffentlichten WPATH-Leaks seit kurzem internationales Aufsehen erregen. Die WPATH-Akten belegen, dass die WPATH weder eine wissenschaftliche noch eine medizinische Organisation ist. Der WPATH-Skandal biete zwar für Sachkundige nichts großartig Neues, offenbare aber selbst für die Öffentlichkeit:

"Sie behandeln alle, die nicht bei drei auf den Bäumen sind. Und sie wissen um die Risiken und tun es trotzdem."

Ziel der trans-affirmativen Behandlung nach WPATH SOC8 ist die Transition. Jeder, der die Akten liest, kann sehen, dass Menschen geschädigt werden und dass die WPATH-Verantwortlichen sehr wohl wissen, dass Teenager in ihrer aktuellen Notlage und im Rahmen ihres Entwicklungszustandes, aber auch deren Eltern ohne Evidenz und ohne Möglichkeit die Zukunft vorherzusehen, keine Einwilligung für medizinische Transitionsmaßnahmen geben können.

„Schweden zum Beispiel hat erklärt, dass es die WPATH nicht mehr als wissenschaftliche, sondern als transaktivistische Lobbyorganisation einstuft.”

"Trans-Kinder": Ein Medizin-Skandal? Interview mit Dr. A. Korte, Emma-Magazin, 28.03.2024

Initiative Goodwardens - Aufforderung an Gesundheitsbehörden und politischen Entscheidungsträger weltweit, sich nicht länger auf die WPATH zu verlassen, 02.04.2024

Auch die neuen Leitlinien für D-A-CH orientieren sich an WPATH

Alle, die weiterhin dem Affirmation-Only-Trend folgen und sich als treue Apostel an den WPATH-Empfehlungen orientieren, müssen sich nun allerdings mehr denn je rechtfertigen. Aktuell geht es im Interview des Emma-Magazins um die angekündigte Leitlinie (LL) für genderdysphorische bzw. genderinkongruente KiJu für die Länder D-A-CH, die laut Insider Dr. Korte „voll und ganz” auf der WPATH-Linie basiert. LL-Autorin Pauli gibt sich unbeirrt, sie beruhigt, die WPATH-Leitlinien seien nicht in allen Punkten maßgeblich gewesen und sie glaubt nicht, „dass die Kritik an WPATH jetzt unsere Leitlinien noch mal so beeinflussen wird."

Entsprechend den WPATH-Empfehlungen wird die neue Leitlinie weder Altersgrenzen für Hormone und OPs enthalten noch andere Behandlungsoptionen außer der trans-affirmativen Versorgung in Form des Supports von sozialer und medizinischer Transition. Das bedeutet, dass der Transitionswunsch vorbehaltlos bestätigt wird, die sog. Versorgung aus dem Dreiklang PB, CSH und OPs besteht. Psychotherapie wird optional sein und nur „prozessbegleitend" eine untergeordnete Rolle spielen.

Beschrieben haben 2020 die Kinder- und JugendpsychiaterInnen Esther Strittmatter und Martin Holtmann die Situation für GD-Jugendliche und ihre Familien in Deutschland noch so:

Neben der fehlenden sicheren Vorhersagbarkeit erscheint es problematisch, dass unter Expertinnen und Experten keine einheitlichen Entscheidungskriterien vorhanden zu sein scheinen. Vielmehr differiert die Entscheidung, welche Behandlungsangebote geschlechtsdysphorische Jugendliche erhalten je nach aufgesuchter Spezialsprechstunde, nach subjektiver Einschätzung der Untersuchenden vom 'Passing' in der angestrebten Geschlechtsrolle und nach der Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen, d. h., wie glaubwürdig und konsistent das innere Erleben geschildert werden kann.” (ohne Fettmarkierung im Original), s. Geschlechtsidentitäten im Wandel, E. Strittmatter, M. Holtmann, 12.03.2020

Eltern müssen zukünftig mehr denn je davon ausgehen, dass wirklich jede Beratungsstelle und jede Spezialsprechstunde gender-affirmativ ist und Beratung und Behandlung routinemäßig ausschließlich auf die medizinische Transition hinausläuft. Das ist alles andere als eine neutrale oder ergebnisoffene Begleitung und Behandlung. KritikerInnen des trans-affirmativen Ansatzes sprechen sogar von einer Konversion zum Transgeschlecht.

Die Lotsen sind schon bereit

Eltern können den Trend in Deutschland auch anhand bereits gestarteter neuer Programme erkennen, wie dem - großzügig vom G-BA shutterstock 2239417315geförderten - Projekt EMPOWER-TRANS* – Entwicklung und Implementierung innovativer, digitaler Informations- und Schulungskonzepte für Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsinkongru­enz/-dysphorie (GI/GD) und ihre Familien. Ziel des Projektes ist es, möglichst viele Teenager, die ihr Gender/Geschlecht infrage stellen oder sich für 'trans' halten, immer früher und schneller in die Gender-Ambulan­zen, Center for Transgender Health zu lotsen und auf die Schiene der medizinischen Transition zu leiten.

Der Affirmation-Only-Trend für GD-Teens & Twens wird beschleunigt

Die Leitlinienkommission ist ideologisch unterwandert

Bereits 2020 berichteten Insider wie Alexander Korte beim Thema Trans* von einer ‚komplett durchideologisierten Debatte‘  (Emma 2020). Entsprechend kritisierte er die neuen Leitlinien. So wie die WPATH transaktivistisch beeinflusst und unterwandert ist, war es auch die LL-Kommission.

Die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission waren von Anfang an eindeutig und sie war von Anfang an unterwandert durch Transaktivisten. Die Position, die dort vertreten wurde, ist eigentlich unvereinbar mit der Auffassung, die die meisten klinisch tätigen Kinder- und Jugendpsychiater, -therapeuten und Kinderärzte haben. Ich habe mehrfach vergeblich gefordert, dass die Kommission und der Kreis der Diskursbeteiligten erweitert werden müssen. Auch dass mit „Trakine“ ausschließlich eine transaffirmative Elterngruppe eingeladen wurde, ist skandalös. Die kritischen Eltern-Initiativen wie „Transteens Sorge berechtigt“ oder „Parents-of-Rapid-onset-Gender-Dysphoria-Kids“ saßen hingegen nicht mit am Tisch.

Trakine (transaffirmative Eltern) und der Translobbyverein dgti waren in der LL-Kommission mit insgesamt 4 Stimmen stimmberechtigt und als AutorInnen beteiligt.

Die Auffälligkeit, dass die Leitlinie mit einer Präambel beginnt, deute bereits darauf hin, dass sie "hochgradig politisiert und ideologisch aufgeladen" ist. Bestimmte Begriffe und Narrative - entsprechend der Transgender-Ideologie - durchziehen die Texte der Leitlinie, z. B.

  • durchgängig wird „das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht” verwendet
  • Wunsch, Transitionswunsch, gewünscht, ...
  • alles, was nicht explizit bestätigend ist, wird als problematisch oder gar 'unethisch' oder 'ethisch unangemessen' bezeichnet
  • die natürliche Pubertät einschließlich der gesunden Geschlechtsorgane werden im Rahmen der trans-affirmativen Überzeugung als „Schaden" bezeichnet
  • unvollständige und fälschlicherweise dramatisierte Darstellung des Narrativs 'Suizidrisiko'
  • „Entpathologisierung” durch Begriffe wie Gender-Inkongruenz und Behandlungssuchende (statt Patienten)

Während der Vorstellung der Leitlinie war nicht erkennbar, ob die Leitlinien-Kommission sich mit Effekten der trans-affirmativen Behandlung von transidentifizierten Jugendlichen in Bezug auf iatrogene Auswirkungen, Placebo-Effekte, secondary benefit, Beeinflussbarkeit oder self-fulfilling prophecy auseinander gesetzt hat.

Der Trend geht zur Abkehr von WPATH - Deutschland bleibt gender-affirmativ

Obwohl insbesondere die nordischen Länder Europas (die als durchaus transfreundlich gelten) und England ihren Kurs geändert haben, von den Empfehlungen der WPATH abkehren und eine Praxisumkehr in Richtung Psychotherapie und psychosoziale Betreuung eingeleitet haben, halten die Leitlinien-ExpertInnen des deutschsprachigen Raumes an Pubertätsblockern und Hormonen für Minderjährige fest. Dabei haben sie keine andere oder aktuellere Evidenzlage (Belege zum Nutzen-Risiko-Verhältnis) feststellen können, fast alle Empfehlungen basieren lediglich auf Konsensabstimmungen. Dadurch, dass es keine Altersgrenzen mehr gibt, wird sogar der Trend zum möglichst frühen Beginn der medizinischen Transition unterstützt. 

England hat gerade sämtliche Referenzen bezüglich WPATH aus seinen Richtlinien zu PB und CSH getilgt:

„All references to WPATH have been removed from the PB and CSH policies. During the consultation period for the PB policy, WPATH and EPATH issued a joint comment, noting that NHS England deviated from Standard of Care (SOC) 8 and urging it to keep puberty blockers for gender dysphoria available in general clinical use. In response, NHS England thoroughly evaluated the 200 citations in the relevant SOC chapter (i.e., Chapter 12 Hormone Therapy), but found them to be inconsequential.

Neither the PB nor the CSH updated policies contain references to WPATH. Notably, the revised CSH policy specifically removed the prior reference to the WPATH Standards of Care."

NHS England Stops Prescribing Puberty Blockers and Updates its Cross-Sex Hormones Policy for Minors, SE GM, 29.03.2024

Wie weit hat sich die Leitlinie von der Medizin entfernt?

Weder die fehlende Evidenz für die medizinische Transition Minderjähriger noch Zweifel an der Einwilligungsfähigkeit von Teenagern, aber auch deren Eltern (wer kann schon in die Zukunft schauen) halten die deutschsprachigen Leitlinien-AutorInnen auf. Das sind hinsichtlich des Medizinbereichs sehr unübliche Vorgänge, die die Frage aufkommen lassen, wieweit sich die Empfehlungen schon von der Medizin entfernt haben. Prof. Dr. Florian Zepf stellt in der WELT die Frage:

„Wie können alle Minderjährigen mit Geschlechtsdysphorie ihr informiertes Einverständnis zu einem körperlichen Eingriff oder zu einer nicht mehr vollständig umkehrbaren medizinischen Intervention wie der Pubertätsblockade oder der Hormongabe geben, wenn nicht einmal sicher feststeht, dass ihr dringlicher Wunsch einer Verbesserung der Geschlechtsdysphorie oder der psychischen Gesundheit sicher eintritt?“

Aus S3 wurde S2k

Die neue Leitlinie war ursprünglich in der höchsten AWMF-Kategorie S3 (evidenzbasiert) angemeldet worden und musste nun - im Februar 2024 während des Reviews - zu S2k (k - konsenzbasiert) herabgestuft werden. Auch die Kategorie S2e (e - evidenzbasiert) konnte nicht erreicht werden, da die derzeitige Studien- und Evidenzlage in der Medizin so gut wie keine verwertbare Evidenz hergibt. 

„Die Inhalte dieser Leitlinie basieren somit vornehmlich auf dem Konsens, also der Zustimmung der Kommissionsmitglieder. Somit ist auch die jeweilige Zusammensetzung der Leitlinienkommission mit den entsprechenden Vertretern letztlich von zentraler Bedeutung bei den jeweiligen Abstimmungen zu den Empfehlungen.” (WELT)

Die WELT stellt des Weiteren fest:

SireneGleichwohl passen viele der im Entwurf genannten Schlussfolgerungen nicht zum derzeitigen Mangel an Evidenz.”

Diese Diskrepanz sollte die Alarmglocken von Eltern besonders laut schrillen lassen.

„Die sogenannte Evidenzlage, also der Beweisgrad der wissenschaftlichen Studien, um die Aussagen der Leitlinien zu untermauern, ist weitgehend gering – das räumen die Autoren der Leitlinien selbst ein. Das ist auch an der Einstufung der Leitlinie zu sehen: Es ist eine S2k-Leitlinie, also nur die zweite Qualitätsstufe von vieren. Eine S2k-Leitlinie definiert sich dadurch, dass die Autoren formal einen Konsens gefunden haben. Von Kritikern werden solche Leitlinien manchmal als «Eminenzleitlinien» bezeichnet, weil hier Fachpersonen nur ihre Meinungen und Erfahrungen miteinander abglichen – eine seriöse wissenschaftliche Untermauerung fehle weitgehend.” (NZZ)

Interessenskonflikte?

Zur Zusammensetzung der LL-Kommission und den möglichen Interessenkonflikten der einzelnen Kommissionsmitglieder bzw. ihrer (ärztlich-)professionellen Autonomie gab es allerdings (noch) keine weiteren Informationen. Die meisten Experts und Transaktivisten der LL-Kommission sind offensichtlich alles andere als unabhängig.

Prof. Dr. Romer ist WPATH-Mitglied und kandidiert für die EPATH

Prof. Dr. Romer ist eines der 14 derzeitigen WPATH-Mitglieder, WPATH hatte Anfang 2024 ca. 2.500 Mitglieder, die zu 75 % aus den USA stammen. Um WPATH-Mitglied werden zu können, ist keine fachliche Expertise Voraussetzung notwendig.

Romer kandidiert bei der EPATH, weil er Ende September 2024 in Lissabon auf einen von 2 Generaldirektorenposten gewählt werden möchte.

Prof. Dr. Annette Richter-Unruh - Stiftungsprofessur von Ferring

In den letzten Jahren wurde die Stiftungsprofessur von Prof. Dr. Richter-Unruh an der Ruhr-Uni Bochum über mind. 5 Jahre von der Pharma-Firma Ferring (vertreibt u. a. Pubertätsblocker (z. B. Lupron und Decapeptyl) und Testosteron) mit jährlich 150.000 € finanziert. Richter-Unruh ist neben ihrer mandatierten Mitgliedschaft in der S2k-Leitlinien-Kommission pediatrische Endokronologin an den Unikliniken Ulm, Münster sowie in einer kinderendokrinologischen Praxis in Dortmund.

Stand der Kontroverse im deutschen Fachbereich KiJu-Psychiatrie insgesamt

Prof. Martin Holtmann (Uni Bochum) deutete im Herbst 2023 an, wie sich die Situation im Fachbereich Kinder- und Jugend-Psychiatrie insgesamt darstellt:

„Wir sind als Fach weit davon entfernt, eine stimmige und abgestimmte, konsentierte Orientierung zu bieten."

Was in den letzten Jahren passiert ist, lässt sich für uns Eltern nur erahnen:

„Die Debatte wird nicht nur zwischen politischen Parteien und Interessengruppen, sondern auch in unserem Fach bisweilen bitterböse ausgetragen. Die divergierenden Expertenmeinungen spiegeln sich wider in der ungewöhnlich langen Dauer der Erarbeitung der S3-Leitlinie [mittlerweile nur noch S2k-LL] ‚Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter, Diagnostik und Behandlung‘ und der wiederholten Verschiebung von deren Fertigstellung.” ... Der Austritt von Mitgliedern aus der Steuerungsgruppe der Leitlinie mag als weiterer Indikator für die spannungsreiche Debatte und die kaum zu überbrückenden Differenzen gelten."

Der erschütternde Seismograf – Zur Rolle der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Transgender-Kontroverse, Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, M. Holtmann, 08.09.2023


Medscape: Stella O'Malley, Alexander Korte und Riittakerttu Kaltiala

Siobhan Harris befragte Fachleute zum Thema Pubertätsblocker-Behandlung in Europa in der Situation 'Post-Cass'. Außer Stella O'Malley und Riittakerttu Kaltiala kam auch Alexander Korte zu Wort, er sagte zur Situation in Deutschland:

„The situation in Germany is still very confused. We will very soon have the clearly trans-affirmative guidelines which have been revised in recent years under the leadership of the German Society for Child and Adolescent Psychiatry [Psychomatics] and Psychotherapy. But at the same time, there are an increasing number of critical voices pointing to the lack of scientific evidence for the early medical intervention of concrete puberty-blocking treatment."

Europe and the Puberty Blocker Debate, medscape, 25.04.2024