Deine Pronomen? Ok, aber sag mir lieber Deine Adjektive!

In der deutschen Sprache sind die gebräuchlichen Dritte-Person-Einzahl-Pronomen geschlechtsbezogen: sie und er. Ansonsten hat sich noch keines der Neuerfindungen für non-binäre Pronomen etabliert, oder kennen Sie z. B. en, iks, sel oder xie

Schweden versucht seit 10 Jahren begrenzt erfolgreich, das Pronomen hen in die Alltagssprache einzuführen. Niemand wird gezwungen, es zu verwenden, Neopronomen wortwolkeaber manchmal wird hen bewusst als ‚ideologischer Marker‘ eingesetzt. In Schwedens Kirche ist das größte Spaltthema die Männlichkeit Gottes, was auch sprachliche Probleme bereitet.

In Frankreich startet gerade der Versuch, iel zu etablieren, die Erfolgsaussichten sind auch hier ungewiss, da nicht klar ist, ob es in der Bevölkerung dafür ein echtes Bedürfnis gibt.


Eltern und Pronomen

Bei der Entscheidung von Eltern, wie sie mit dem Namen-und-Pronomen-Wunsch ihres genderdysphorischen Kindes umgehen, handelt es sich aus Sicht des Kindes um eine Art Akzeptanz-„Prüfstein“ und ist daher sehr wichtig. Unabhängig davon, wie Ihre Wahl als Eltern ausfällt, sollten Sie in jedem Falle Ihre Gründe kommunizieren, sodass Ihr Kind Ihre Namensoption nachvollziehen kann. Die Klärung bezüglich Namen und Pronomen trägt dazu bei, das Konfliktpotential in der Familie ein wenig zu reduzieren.

Ein für Eltern und Kind annehmbarer Kompromiss kann die Nutzung eines Kosenamens, eines genderneutralen Namens, einer Kurzform eines bisherigen Namens und die Vermeidung des Pronomens sein (s. u.). Damit 

  • vermeiden Sie zum einen die Bestätigung Ihres Kindes als Trans* bei jeder Namens-/Pronomensnennung,
  • deeskalieren zudem Sie den Konflikt, den Ihr Kind als „Akzeptanzprüfstein“ betrachtet, indem es die Verwendung seiner bisherigen Namen/Pronomen zu „Deadnaming“ bzw. „Misgendering“ erklärt.

Versuchen Sie, Ihrem Kind zu erklären, dass Sie es vor allem als Individuum bzw. Persönlichkeit wahrnehmen, bei dem das Geschlecht nur ein Teil ist, der zudem in den meisten Zusammenhängen keine wesentliche Rolle spielt.

Nele, Detrans zu Pronomen:

Detransition has helped me realizing that pronouns have nothing to do with who I am.

"I don't care what pronouns you use for me because pronouns don't define who I am. Pronouns used to be very important for me. someone calling me 'she' sometimes ruined my entire day because it meant that people perceive me as woman. Since I started feeling less uncomfortable with being seen as woman, I do not longer care about pronouns as much. Either someone thinks I‘m a woman or they think I‘m a man, it doesn’t change who I know I am. In the end pronouns are just tools that are supposed to make our language easier and reaching this state of mind ist a big relief for me. And of course this is my personal experience and there is no judgment on anyone who does care about their pronouns."  peerjongeling

Pronomen vermeiden, gute Tipp von pronomen.net

Eltern und Vornamen (engl. ‚given name‘)

Eltern „schenken” ihrem Kind zur Geburt einen oder mehrere, oft sehr sorgfältig ausgewählte(n) Vornamen.

Versuchen Sie zusammen mit Ihrem Kind einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss zu finden, einen Kosenamen, einen genderneutralen Namen, eine Abkürzung eines bisherigen Namens, Beispiele: Chris, Jo, Vic, Ka. 

Spätestens wenn Name und Personenstand offiziell geändert sind, wird es für Eltern schwierig, wenn sie weiterhin den „given name" und das bisherige Pronomen verwenden. Kathleen Stock äußert dafür allerdings großes Verständnis:

These attempts [to control the speech and thoughts of those around you] might include your parents, your spouse and your children, and can be very destructive of interpersonal relation­ships. Shrier's Irreversible Damage contains testimonies of parents, describing how newly adult children have cut them off for al­leged 'toxic' or 'problematic' comments referencing their sex. Yet it isn't reasonable to expect the person who gave birth to you, or the person who married you, or your own children, to permanently relate to you mentally as of a different sex when they know that you are not. If relatives and friends successfully manage to immerse themselves in this fiction quasi permanently for your sake, then that's great; but not everyone has the capacity to do it, and it's not a moral failing on their part. Material Girls von K. Stock, 2021

6 Monate Gefängnis für einen kanadischen Vater, der seine Tochter Tochter genannt hat, 2021

Kanada – Vater von genderdysphorischem Kind im Gefängnis, 21.04.2021

Enough with the Pronouns – Pronoun signaling, however well intended, is hurtful, not kind, 07.09.2021


Psychotherapeuten und Pronomen

PsychotherapeutInnen gehen sehr unterschiedlich mit den Pronomen und Namen von ROGD-Jugendlichen um.

Die meisten folgen dem Affirmation-Only-Trend und benutzen ab dem ersten Kontakt den Wunschnamen und das gewünschte Pronomen. Andere starten mit Wunschnamen und -Pronomen und thematisieren dies aber baldmöglichst, um Alternativen und Kompromisse wie einen genderneutralen Namen und Pronomenvermeidung auszuloten.

Psychotherapeuten, die sich einem „offenen Ansatz“ verschrieben haben, benutzen eine möglichst „neutrale Sprache“, die die Identität ihrer Klienten weder konkretisiert noch abwertet. Sie sprechen von „Ihrer/Deiner Identität“ oder „sich als trans identifizieren“ anstelle von „als Trans-Person“ oder „Sie sind trans“. Sie meiden den Begriff „Coming-out“. Um die implizierte Endgültigkeit zu vermeiden, benutzen sie statt Pronomen bewusst den bisherigen Namen, wenn es um den Klienten in seinem Leben in der Vergangenheit geht und den Wunschnamen, wenn es um etwas geht, was den Klienten in der Gegenwart oder in der Zukunft betrifft.

So, “tell me more about 'Jaden.' What is 'Jaden' like. How is Jaden different from Stephanie?

Sasha Ayad gibt viele weitere Beispiele, wie sie ihre neutrale Haltung sprachlich umsetzt:

„For teens whose nascent transgender identity is only weeks old, it seems brash to immediately begin using the new name they’ve selected. However at this stage, the birth name often represents a power struggle which is antithetical to building trust and confidence with a new client. To circumvent this problem, I have opted to call my clients by their last name. I explain in our intake that this is a tradition of mine, and ask if that’s okay.”

How I Work with gender-questioning Teens, S. Ayad 2018

Social Transition: Should We Change Names and Pronouns? An excerpt from the book "When Kids Say They're Trans"


Bildungseinrichtungen und Pronomen

Da das Pronomen-Thema der Beginn oder ein Teil einer sozialen Transition ist, müssen Schulen in Deutschland unbedingt Kontakt zu den Eltern aufnehmen, deren Kind diese Änderung in der Schule einführen möchte.

TIN* in der Schule

Soziale Transition in der Schule


State-your-pronouns-Trend

Die Professorin R. N. Levin erläutert die Schwierigkeiten, die es mit dem „Gib deine Pronomen an“-Trend gibt:

"The result of this practice is that students whose gender presentation may not match their gender identity are forced to lie or to out themselves in a new and possibly unsafe environment, while those who are unsure of their gender identity are made to feel uncomfortable and forced to choose a pronoun."

The Problem With Pronouns – Asking everyone their preferred personal pronoun is not a good idea, R. N. Levin, 2018

Gender critical coming out Day, 19.12.2022

Was können Sie tun? Ein Beispiel:

Ändern Sie Ihren Lebenslauf oder Ihre E-Mail-Signatur

Wenn es die Situation zulässt, können Sie Formulierungen verwenden, die den State-your-Pronouns-Trend ein bisschen in Frage stellt, z. B.:
"Welche Pronomen, Sie für mich verwenden, ist Ihnen überlassen."
"Meine Pronomen beruhen auf meiner Biologie."
"Meine Pronomen sind: abhängig von Ihnen."
"Meine Pronomen sind realitätsbezogen."


Weitere Literatur

Projekt „Transonym – die Selbstbenennung von Transgender“, Namensforschung.net

Namen und Geschlechter – Studien zum onymischen Un/doing Gender, 2018

Namenwechsel – Die soziale Funktion von Vornamen im Transitionsprozess transgeschlechtlicher Personen, M. Schmidt-Jüngst, 2020

Whose Pronouns Are They? partnersforethicalcare, 04.04.2022

‚What are your pronouns?‘ can be a gentle euphemism for ‚Are you a boy or a girl?‘

 


Selbstbestimmungsgesetz § 13 – Offenbarungsverbot

Viele Eltern wissen nicht, dass für Verwandte in gerader Linie Ausnahmen vom Offenbarungsverbot gesetzlich definiert sind: 

SGBB § 13 Offenbarungsverbot

(1) Sind Geschlechtsangabe und Vornamen einer Person nach § 2 geändert worden, so dürfen die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden. Satz 1 gilt nicht, wenn

  1. amtliche Register oder amtliche Informationssysteme personenbezogene Daten zu dieser Person enthalten und im Rahmen der jeweiligen Aufgabenerfüllung von öffentlichen Stellen die Verarbeitung von Daten nach Satz 1 nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich ist,
  2. besondere Gründe des öffentlichen Interesses eine Offenbarung der Daten nach Satz 1 erfordern oder
  3. ein rechtliches Interesse an den Daten nach Satz 1 glaubhaft gemacht wird.

Besondere Gründe des öffentlichen Interesses nach Satz 2 Nummer 2 sind insbesondere dann gegeben, wenn die Offenbarung der Daten zur Erfüllung der Aufgaben von Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden sowie amtlichen Stellen mit Sicherheitsaufgaben erforderlich ist.

(2) Ein früherer und der derzeitige Ehegatte, Verwandte in gerader Linie und der andere Elternteil eines Kindes der betroffenen Person sind nur dann verpflichtet, deren geänderten Geschlechtseintrag oder deren geänderte Vornamen anzugeben, wenn dies für die Führung öffentlicher Bücher und Register oder im Rechtsverkehr erforderlich ist. Im Übrigen gilt für sie das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot nach Absatz 1 Satz 1 nicht, es sei denn, sie handeln in Schädigungsabsicht.

Leider gelten diese Ausnahmen nicht für Geschwister, sodass es innerfamiliär zu schwierigen Situationen kommen kann.


Pronomenzirkus

Die australische Psychiaterin Jillian Spencer wurde 2023 vom Queensland Children's Hospital von ihren klinischen Aufgaben entbunden, nachdem sie die Sicherheit des gender-affirmativen Behandlungsmodells infrage gestellt hatte. Ein Streitpunkt mit ihrem Arbeitgeber war die Verwendung der Lexikondefinition „Frau: erwachsener Mensch weiblichen Geschlechts“ in ihrer E-Mail-Signatur, die ihr als „transphob“ ausgelegt wurde. Aktuell gibt es eine Petition zur Wiedereinstellung von Jillian Spencer.

Surgical self harm, B. Lane, 04.08.2025