Paradigmenwechsel in Dänemark?

Marie Bjerre ist die dänische Gleichstellungsministerin von der liberalkonservativen Partei Venstre. Selbst für den 'genderkritischen Regenbogenrat' überraschend, erklärte sie im Rahmen einer Parlaments-Debatte über das Konzept des Geschlechts, seine Definition und Anwendung im öffentlichen Dänemark kürzlich völlig 'non-woke':

  • Es gibt nur 2 Geschlechter.Peterleth, CC BY-SA4.0WikimediaCommons
  • Sie können Ihr biologisches Geschlecht nicht ändern.
  • Transmänner sind keine biologischen Männer.
  • Transfrauen sind keine biologischen Frauen.
  • Der Begriff „bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht“ ist eine seltsame Sprache. Ein Geschlecht werde bei der Geburt festgestellt.
  • Eine Frau ist ein erwachsener weiblicher Mensch.

danskregnbueraad.dk - genderkritischer Regenbogenrat, Februar 2024

Nachdem in Dänemark bereits seit ca. 2021 sehr viel vorsichtiger mit genderinkongruenten Teens & Twens umgegangen wird, gibt es seit einigen Monaten Streit darüber, ob die medizinische Transition für Minderjährige ganz verboten werden soll. Außerdem stößt die Diskussion um die Legitimation von Transmädchen/-frauen in den Fußballteams Dänemarks auf großen Widerstand, zumindest in den Sportwissenschaften und bei TrainerInnen.

Der dänische Regenbogenrat ist gespannt, ob die Rede von Marie Bjerre ein Paradigmenwechsel ihrer Partei ist und wie sich die Dinge weiter entwickeln.


Dänemark überdenkt Gender-Affirmation bei ROGD

Als ein weiteres fortschrittliches Land ist Dänemark bei der pädiatrische Transition von ROGD-Teens vorsichtiger geworden. Eine medizinische Behandlung ist in Dänemark's zentraler „Sexology Clinic” in Kopenhagen nur noch möglich, wenn ein Jugendlicher seit der Kindheit genderdysphorisch ist (das sind in Dänemark ca. 20 % der GD-Teens, während 80 % ROGD sind).

Schon 2022 wurden nur noch 6 % der überwiesenen Jugendlichen von der zentralen Gender-Klinik medizinisch transitioniert, während es bis 2018 ca. 65 % waren. Ohne es an die große Glocke zu hängen, fand der Schwenk vor allem statt infolge der systematischen Reviews und der Veränderungen der Praxis in einigen anderen europäischen Staaten.

However, the increasing number of referrals, changes in the presentation in gender dysphoria, and growing reports of regret—combined with a lack of long-term outcomes of the one and only sample of youth (n=55) on which the entire practice of gender transition rests—led the Danish clinicians to reverse course.

Denmark Joins the List of Countries Who Have Sharply Restricted Youth Gender Transitions, SE GM, 17.08.2023

Ein vollständiges Verbot der medizinischen Transition von Minderjährigen wird im Parlament diskutiert, aber voraussichtlich abgelehnt werden. In einer entsprechenden Debatte bestätigte die liberale Gesundheitsministerin Sophie Løhde jedoch Änderungen der Behandlung von Jugendlichen, die unter ROGD leiden. Sie sagte:

"Wenn die Genderdysphorie im Zusammenhang mit der Pubertät begonnen hat, kann der junge Mensch unter anderem an einen Reflexions- oder Klärungsprozess verwiesen werden".

Die dänischen Behandlungsrichtlinien, die 2017 den Zugang zur Geschlechtsangleichung für Jugendliche erweitert haben, sollten laut der Website der dänischen Gesundheitsbehörde in 2023 überarbeitet werden,  bis jetzt ist aber noch nichts Neues veröffentlicht ist.

Interessanterweise wird die Forderung nach einem Ende der medizinischen Transition bei Minderjährigen von einer LGBT-Gruppe, dem Dansk Regnbueråd (Dänischer Regenbogenrat) unterstützt, der 2022 von Marcus Dib Jensen (FzM) und Jesper W. Rasmussen, einem homosexuellen Grundschullehrer, gegründet wurde. Der dänische Regenbogenrat setzt sich für Kinderschutz ein und wendet sich gegen extreme Ausprägungen von Gender-Ideologie. Der Rat schreibt in einer Stellungnahme vom 02. Juni 2023:

"Als Erwachsene müssen wir uns trauen, aufzustehen und zu sagen: Stoppt diesen Wahnsinn. Wir kastrieren und sterilisieren Kinder und zerstören physisch ihre ansonsten gesunden Körper, um ein psychologisches Unbehagen zu lindern, das in der Regel vorübergehend ist."

Leider wurde diese Haltung des dänischen Regenbogenrates von einigen Medien reflexartig als „rechts" geframt, statt über die Fakten und Gründe zu reflektieren.

Die ROGD-Hypothese, bei der es u. a. um die Idee der sozialen Ansteckung und um die einseitige Sex-Ratio geht, wird immerhin von einigen einflussreichen Experten der dänischen Gender-Klinik ernst genommen. So sagte Dr. Mette Ewers Haahr (Klinische Assistenzprofessorin und Oberärztin Uniklinik Kopenhagen)

„Ich habe nicht den Eindruck, dass Littman die Studie durchgeführt hat, um den rechten Flügel zu beschwichtigen oder weil sie transphob ist, sondern weil sie der Meinung war, dass das Phänomen untersucht werden sollte."

Doubt in Denmark - Another progressive country is having second thoughts about paediatric gender transition, B. Lane 14.08.2023

Flere børn og unge ønsker kønsskifte – lægerne er bekymred, Uni Kopenhagen, 30.01.2023


Dänische Studie zu Transidentität und Suizid

Dänemark ist das fleißigste Land in Europa, wenn es um klinische Studien geht. In einem Beitrag zu einer kürzlich erschienenen dänischen Studie, die sich mit Transidentität und Selbstmordversuchen befasst, erklärte die Society for Evidence-Based Medicine (SE GM):

“It remains to be seen whether the Danish Health Authority will take a cautious approach to the treatment of gender-dysphoric youth like the growing number of their European counterparts.”

Transgender Identity and Suicide Attempts and Mortality in Denmark, SE GM, 09.07.2023

Was Jugendliche angeht, war das Ergebnis der dänischen Studie:

„Research into suicidality in gender-diverse youth suggests that while their suicidality is elevated, it is comparable to youth who suffer from psychiatric symptoms but do not have gender dysphoria, and that the absolute risk of death by suicide remains low. These facts underscore the need to treat suicidality as a complex multifactorial phenomenon, and strongly point to the conclusion that gender transition should not be viewed as suicide-prevention measure.”

Ein anderes Ergebnis war speziell auffällig: Bei den insgesamt 12 Suizidfällen unter 3.759 sich als Transgender identifizierenden Personen (0,3 %) über 42 Jahre, gab es keine vollendeten Selbstmorde bei biologisch weiblich transgender-identifizierten Personen.

Transgender Identity and Suicide Attempts and Mortality in Denmark, Erlangsen u. a., 27.07.2023