GD-Behandlung U18: Wie kam es zur „Selbstkorrektur” in banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SW?

In den Unterlagen zu einem Gerichtsverfahren am obersten Gerichtshof der USA (US v Skrmetti) findet sich ein Expertenbericht von Dr. Sven Román, schwedischer Kinder- und Jugendpsychiater. Er beschreibt detailliert den aktuellen Stand zur Behandlung von Genderdysphorie (GD) in Schweden und wie die Entwicklung der Verabschiedung von der gender-affirmativen Versorgung (nach WPATH) verlief (Gerichtsunterlagen Hauptdokument Teil 2, 27.08.2024, ab S. 717). Auch in Schweden zeigten systematische Reviews

  • die schlechte Qualität bzw. unzureichenden Beweise für die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlungen,
  • den unzureichend verstandenen demografischen Wandel bei GD-Teenagern und
  • die wachsende Sichtbarkeit von Detransition

Diese Erkenntnisse haben in Schweden zu einer Abkehr vom sog. trans-affirmativen Behandlungsmodell geführt. Mittlerweile wird die nicht-invasive Vorgehensweise, d. h. psychosoziale Behandlung und gender-explorative Psychotherapie, bevorzugt, um den schwedischen Jugendlichen eine kontinuierliche Reifung und Identitätsbildung zu ermöglichen. Wichtig sind Diagnose und Differenzial-Diagnose, um herauszufinden, was das Hauptproblem eines Teenagers ist.

Zunächst werden Komorbiditäten wie Autismusspektrumsstörungen, selbstverletzendes Verhalten, Essstörungen, psychische Traumata, Depressionen, Ängste und emotionale Instabilität behandelt.

Medizinische Transitionsbehandlungen schwedischer GD-Minderjähriger mit Pubertätsblockern (PB) und Cross-Sex-Hormonen (CSH) wurden – ähnlich wie in England – stark eingeschränkt. Laut Román und SEGM sind sie nur noch möglich

  • in Ausnahmefällen, d. h.
    • PB nur bei Teenagern, die bereits vor der Pubertät GD hatten und bei denen ein anhaltender deutlicher Leidensdruck sowie funktionelle Defizite vorhanden sind
    • PB und CSH unter extremen Umständen bei post-pubertärer GD bei biologisch männlichen Teenagern (CSH allerdings nicht bei Jugendlichen ohne GD in der Kindheit).
  • unter Studienbedingungen - wobei es (nach unserem Wissen) in Schweden aktuell keine klinischen Studien zu PB und CSH gibt.

Diese Tabelle zeigt die wichtigen Unterschiede zwischen der Vorgehensweise in Schweden und den WPATH-Leitlinien.

Hier eine Zeitleiste der Ereignisse (am besten lesen Sie antichronologisch von ►unten nach oben):

So verlief die Entwicklung in Schweden*)

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September 2024

Lebenslang Hormone wegen ROGD?

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWIn einer Podumsdiskussion während der Genspect-Konferenz in Lissabon sagte Dr. Sven Román, schwedischer Kinder- und Jugendpsychiater am 27.09.2024:

„Die Langzeitwirkung [der pädiatrischen Gender-Medizin]? Wir wissen überhaupt nichts, denn erst seit 10 bis 20 Jahren erhalten Teenager eine Hormontherapie ... und sie sollten dann 40, 50, 60, 70 Jahre lang (d. h. für den Rest ihres Lebens) einen hohen Testosteronspiegel haben, wenn sie ein Mädchen sind. Was wird passieren? Das weiß niemand ... Ich denke, dies ist einer der größten medizinischen Skandale aller Zeiten.

September 2022

Steensma (NL) warnt vor der Übernahme des NL-Prokokolls

banner 978907 GerdAltmann pixabay Dieselben niederländischen ForscherInnen, die als Pioniere der medizinischen Transitions-Behandlung für GD gelten, fordern mehr Forschung zur aktuellen Zielgruppe von GD-Teens & Twens sowie die langfristigen Auswirkungen.

Statt selbst zu forschen, referenzieren Praktiker in der westlichen Welt de facto seit vielen Jahren auf das mehr als 15 Jahre alte sog. Dutch Protokoll. Allerdings haben sich im Laufe der Zeit wesentliche Rahmenbedingungen geändert, sodass die Referenzierung den niederländischen Pionieren wie Thomas Steensma mittlerweile Angst macht.

Niederlande - Hört auf, unsere Forschung blindlings zu übernehmen

22. Februar 2022

Systematisches Review von Ludvigsson u. a.

Neueres Review zu PB und CSH aus Schweden von 2023 banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWIn einem weiteren systematischen Review haben die schwedischen Forscher J. M. Ludvigsson, M. Landén und deren Kollegen die Auswirkungen einer Hormonbehandlung bei genderdysphorischen Minderjährigen auf die psychosoziale und mentale Gesundheit, die Kognition, die Körperzusammensetzung und die Stoffwechselmarker bewertet. Schlussfolgerungen:

„Es gibt keine ausreichenden Belege für die Bewertung der Auswirkungen einer Hormonbehandlung auf die oben genannten Bereiche bei Kindern mit Genderdysphorie.”

PB und CSH - Systematisches Review aus Schweden

A systematic review of hormone treatment for children with gender dysphoria and recommendations for research, Ludvigsson u. a., 17.04.2023

Februar 2022

Aktualisierung der schwedischen Leitlinie

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWDas schwedische National Board of Health and Welfare (NBHW) aktualisiert die Leitlinien für die Gesundheits­versorgung von Kindern und Jugend­lichen <18 mit Genderdysphorie/Gender­inkongruenz: 14 Empfehlungen mit Begründungen, die sich auf die umfassende systematische Überprüfung der Evidenz beziehen. Der NBHW kam zu folgenden Schlüssen:
  • die Evidenzbasis für hormonelle Interventionen bei GD-Jugendlichen sind von geringer Qualität ist und bergen Risiken
  • die Evidenz für die pädiatrische Transition stammt aus Studien, deren Population sich deutlich von den Fällen unterscheidet, die aktuell gesehen werden
  • in den letzten Jahren wurde vermehrt über Detransition und Bedauern im Zusammenhang mit der Transition bei Jugendlichen berichtet

Tabelle - Abweichungen Schwedens zu WPATH

08. Februar 2022

Landén's Warnung

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWMikael Landén veröffentlicht einen Artikel, in dem er vor einem neuen Gesetzentwurf zur Self-ID (das 2024 in Kraft treten sollte) warnt. Er schrieb u. a.:

„Ich denke, die Regierung hat das Recht des Einzelnen auf persönliche Identität mit dem Recht verwechselt, das Verhalten und die Gedanken anderer zu kontrollieren."

Die Erkundung verschiedener Identitäten als Teenager sei ein natürlicher Entwicklungsschritt auf dem Weg zum Erwachsensein, die identitätsstiftenden Möglichkeiten variierten je nach Zeitgeist.

"Experimente einiger junger Menschen mit dem Geschlechtsausdruck werden üblicherweise als Identitätskrise bezeichnet. Die Identitätssuche ist kein irreversibles Ereignis. Wir sehen in der Stadt nur wenige 55-jährige Punks, obwohl die Identifikation in jungen Jahren sehr stark war."

Die Regierung sollte über vernünftigere Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Transsexuellen nachdenken als über den Gesetzentwurf zur rechtlichen Self-ID.

“Die Änderung des rechtlichen Geschlechts während einer möglicherweise vorübergehenden Identitätskrise birgt die Gefahr, dass Menschen auf einen unumkehrbaren Weg zu medizinischen Behandlungen gebracht werden, die zu Unfruchtbarkeit und körperlichen Schäden führen können.“

24. November 2021

Dritte Folge von TRANSTRAIN

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWDie dritte Folge der TransTrain-Dokumentation zeigte, dass in den letzten 5 Jahren etwa 440 Kinder Pubertätsblocker erhalten hatten. In Stockholm waren bei über 13 Teenagern schwere Nebenwirkungen aufgetreten. Eines davon („Leo”) hatte einen Knochenbau wie ein(e) 80- bis 90-Jährige(r). Die Dunkelziffer der Teenager mit Nebenwirkungen durch PB war unklar.

Transtrain - Folge 3, 24.11.2021
Wie geht es Leo?
Schweden: Ånger (Bedauern)

ab Frühjahr 2021

Kehrtwende in Schwedens Genderklinik

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SW Inspiriert von den internationalen Ereignissen der letzten 10 Monate gab es eine deutliche Kehrtwende in der Behandlungspolitik im Astrid Lindgrens Kinderkrankenhaus – der führenden Genderklinik Schwedens –, wo die Leitung das Vorsorgeprinzip anwendete und entschied, dass es keine hormonelle Behandlung von Patienten mit GD unter 16 Jahren mehr geben würde. Das Krankenhaus gab eine neue Grundsatzerklärung heraus, in der u. a. erklärt wurde: „Diese Behandlungen sind potenziell mit weitreichenden und irreversiblen negativen Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose, Unfruchtbarkeit, erhöhtem Krebsrisiko und Thrombose behaftet.“

Gemäß dieser neuen Richtlinie, die ab dem 01.04.2021 in Kraft trat, sollten (neue) Patienten unter 16 keine hormonellen Behandlungen erhalten und solche im Alter von 16 bis 18 Jahren nur im Rahmen ethisch kontrollierter klinischer Studien behandelt werden.

5 von 6 Kliniken für GD in Schweden befolgten diese Richtlinie Bericht vom August 2021.

2020 - Frühjahr 2021

Keira-Bell-Prozess | NICE-Reviews

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay UKDer Prozess der britischen Detransitionierten Keira Bell findet vor dem High Court gegen ihre ehemalige Klinik, den Tavistock-Dienst in London statt.

Außerdem wurden die vom englischen National Health Service in Auftrag gegebenen systematischen Reviews von seiten des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) im März 2021 veröffentlicht (NICE 2020a, 2020b). Sie stellten einen Mangel an Beweisen sowohl für Pubertätsblocker als auch für gegengeschlechtliche Hormone fest.

September 2020

Warnung von deVries (NL)

banner 978907 GerdAltmann pixabay Die Kinder- und Jugendpsychiaterin Dr. Annelou de Vries, eine der Schlüsselfiguren bei der Entwicklung des sog. „niederländischen Protokolls“ warnt in der Fachzeitschrift „Pediatrics“ – davor, dass die in Studien aus den Jahren 2011 und 2014 berichteten Vorteile des Protokolls möglicherweise nicht auf die heutigen atypischen ROGD-Teenager zutreffen, sie sollten in erster Linie mit psychiatrisch versorgt bzw. behandelt werden. Challenges in Timing Puberty Suppression for Gender-Nonconforming Adolescents
Von Juni 2020 bis März 2021

Die Behandlung von GD in Schweden

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWwird durch 4 bedeutende Veranstaltungen in Finnland, den Niederlanden und Großbritannien beeinflusst.

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay FI Das finnische Gesund­heits­ministe­rium führt im Juni 2020 nach einer systematischen Überprüfung der Evidenz unter der Leitung der Psychiaterin und Forscherin Prof. Riittakerttu Kaltiala neue Richtlinien für die Behandlung von Genderdysphorie ein: Die psychologische Behandlung wird Primärtherapie bei GD von Kindern und Erwachsenen.

One Year Since Finland Broke with WPATH 'Standards of Care'

20. Dezember 2019

Systematisches Review zur Forschungslage

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Die Schwedische Agentur für Gesundheitstechnologiebewertung und Bewertung sozialer Dienste (SBU) veröffentlichte ein systematisches Review „Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen: eine (2018 begonnene) Bestandsaufnahme der Literatur“, weil sich die Daten zu Reue und zu Suizid häuften.

Fazit ist, dass es so gut wie keine wissenschaftlichen Belege für die medizinische Behandlung von Genderdysphorie bei Minderjährigen, aber auch keine zur Prävalenz von GD im Laufe der Zeit gibt. Es wurden keine relevanten randomisierten kontrollierten Studien bei Kindern und Jugendlichen gefunden. Zudem gab es keine nationalen Daten aus Schweden, wie viele Personen wegen GD eine Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen (PB, CSH, OPs) bzw. eine formelle Diagnose erhielten.

ab 2019

Transgender-Teenager-Streit spaltet Schweden

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Der Vorschlag der Liberalisierung des Zugangs zu medizinischen Transitionsmaßnahmen steht seit 2018 im Raum, das Alter für die chirurgische Versorgung sollte auf 15 Jahre gesenkt, die Zustimmung der Eltern abgeschafft werden.

In den Medien wurde über eine Reihe von Fällen von Reue (u. a. Alexa Lundberg und Selbstmord nach medizinischen Transitionen, u. a. über Transfrau J. Ring (Suizid 4 Jahre nach der letzten Operation) berichtet.

ab 2019

Starkes Medienecho

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWImmer mehr Medienberichte (auch von Sven Román, 2019) werden veröffentlicht über den Anstieg der Zahlen:

  • 2001 hatten 12 Personen U25 Genderdysphorie, 2021 waren es 1.865.
  • den außergewöhnlichen Anstieg der GD-Diagnosen bei Teenager-Mädchen (1.500% zwischen 2008-18)
  • Zunahme der GD-Diagnosen ab 2007 (Einführung des iPhones) und Beschleunigung der Zahl ab 2014 mit der Allgegenwärtigkeit der sozialen Medien
April 2019 - 2020

The trans train and teenage girls (Doku)

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWDie ersten beiden Folgen der „Trans-Train“-Reihe wurden im Rahmen der führenden investigativen Journalismus-Sendung Mission: Investigate des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Schweden gesendet.
The transtrain and teenage girls, YT
Über „The trans train ..."
TransTrain - Sweden's U-Turn on Trans Kids

13. März 2019

Gillberg: „Transition ist ein großes Experiment

banner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWProfessor Christopher Gillberg veröffentlicht einen Meinungsartikel mit dem Titel Medizinische Transition von Kindern ist ein großes Experiment in einer großen schwedischen Zeitung. Dieser Artikel wendet sich auch gegen einen Gesetzentwurf von 2018, der die rechtliche und medizinische Transition für Teenager einfach zugänglich machen sollte. Der entsprechende Aufruf Gillbergs wird von 6 FachkollegInnen mitgezeichnet. Aufgrunddessen wurde der Gesetzentwurf von 2018 nicht mehr realisiert.

Prof. Dr. Gillberg „ist heute vielleicht der berühmteste schwedische Kinderpsychiater und seine Meinung hatte bei den nationalen Gesundheitsbehörden großes Gewicht. Dr. Gillberg sagte vor dem britischen High Court im Rahmen der gerichtlichen Untersuchung der Tavistock Gender Clinic aus, auf die sich dieses Gremium stark stützte, um zu dem Schluss zu kommen, dass hormonelle Eingriffe bei Kindern nicht angebracht sind."

2018

Gründung von GENID

GENID Logobanner 978907 1280 GerdAltmann pixabay SWGründung von GENID (Gender Identity Challenge Sweden) weil Eltern, Detransitionierte und Gender-Experten [um Avi Ring, schwedischer Neuro­physio­logie-Professor und betroffener Vater] „verzweifelt darüber waren, dass Kinder irreversible pharmakologische und chirurgische Behandlungen erhalten hatten, ohne sicher zu sein, ob der Nutzen die Risiken überwiegt".

Schweden: Besorgte Eltern erfolgreich

           

*) Bedenken hinsichtlich medizinischer Schäden und der Ungewissheit von Vorteilen führten zu einem grundlegenden Strategiewechsel bei der Behandlung genderdysphorischer Teenager in Schweden. Zusätzlich zu dem Experten-Bericht von Dr. Román wurden folgende Dokumente herangezogen, um die Timeline zur schwedischen Entwicklung zu erstellen:

SEGM Summary of Key Recommendations from the Swedish National Board of Health and Welfare (Socialstyrelsen/NBHW), SEGM, February 2022

Sweden’s Karolinska Ends All Use of Puberty Blockers and Cross-Sex Hormones for Minors Outside of Clinical Studies, 05.05.2021, ergänzt Feb 2022

Policy Change Regarding Hormonal Treatment of Minors with Gender Dysphoria at Tema Barn-Astrid Lindgren Children’s Hospital, SEGM, 01.04.2021

The Guardian berichtete Anfang 2020 über die Debatte in Schweden aufgrund der stark angestiegenen Fallzahlen von GD bei Teenagern:

New health report and TV debates highlight backlash against gender reassignment, Guardian, 22.02.2020


18-25 Jährige

Leider scheint auch in Schweden eine Lücke bei der Versorgung der 18-25-Jährigen zu bestehen, um die sich niemand richtig kümmert, auch wenn Dr. Sven Román im Expertenbericht abschließend zur Adoleszenz die Meinung vertritt:

"The frontal lobe matures last, at 25-30 years of age. This is where overall thinking and judgment are located. A teenager can therefore not understand the consequences of an irreversible sex change treatment. It is my opinion that the irreversible measure of sterilization should not be carried out until the age of 25, and it is therefore appropriate to have the same age limit for gender reassignment treatment for gender dysphoria."