Was besorgte Eltern wissen wollen

Stephan Levine (am. Psychiater und Sexologe) u. a. stellen in einem sehr interessanten Beitrag den Stand des Wissens zur Behandlung von ROGD-Jugendlichen dar.

Insbesondere wägen sie den gender-affirmativen Ansatz gegen neuere besonnenere Behandlungen unter medizinischen, aber auch ethischen Kriterien ab und erläutern die Vorsicht und Praxisumkehr einiger europäischer Länder (zu denen Deutschland bekannterweise nicht gehört).

Sie nennen als Themen, die Eltern von ROGD-Jugendlichen am dringendsten interessieren:

Der Umgang und die Versorgung von Teens & Twens, die sich aufgrund einer Genderdysphorie in einer Notlage befinden, ist komplex, umstritten und i. d. R. alles andere als unbeeinflusst durch Politik und Ideologie.

Clinicians are ethically bound to honestly represent the uncertainty of the current state of knowledge, rather than asserting that body modification is the best, safest, and most effective treatment.

Levine u. a. diskutieren auch die neueren Tendenzen, z. B. dass sich die Ziele in der Medizin von der Verringerung des Leidens zur Erreichung persönlicher 'embodiment goals' (Ziele der Angleichung des Körpers an die geschlechtliche Identität) verschoben haben. Zudem geht es um das Evidenz-Niveau und um die iatrogenen Effekte der Transition.

As soon as parents consent to the first stage of gender transition, a child’s future medical transition trajectory is virtually assured.

Levine u. a. sind überzeugt: Wenn besorgte Eltern Rat suchen, wollen sie die Expertise der ExpertInnen, sie möchten nicht ihre politischen Ansichten und Überzeugungen wissen.

Current Concerns About Gender-Affirming Therapy in Adolescents, S. Levine u. a., 14.04.2023

Das sind die Grundannahmen des „genderbestätigenden" Ansatzes zur Behandlung von ROGD-Jugendlichen

  1. Das Entstehen einer Trans-Identität ist das Ergebnis einer höheren Stufe des Selbstbewusstseins.
  2. Egal, ob die Trans-Identität bei Kleinkindern, älteren Kindern, Teenagern oder reifen Erwachsenen entsteht, sie ist authentisch und bleibt ein Leben lang bestehen.
  3. Alle Varianten der Genderidentität sind biologisch bedingt und von Natur aus gesund.
  4. Die häufig auftretenden psychiatrischen Symptome sind eine direkte Folge der Gender-Inkongruenz (das sogenannte „Minority Distress"-Modell).
  5. Die einzige Möglichkeit, psychiatrische Probleme zu lindern oder zu verhindern, besteht darin, den Körper schon bei den ersten Anzeichen der Pubertät zu verändern.
  6. Psychologische Bewertungen und Versuche, psychiatrische Komorbiditäten zu behandeln, sollten nur zur Unterstützung der Transition eingesetzt werden.
  7. Versuche, Genderdysphorie mit Psychotherapie zu lösen, sind oft unwirksam oder sogar schädlich.
  8. Genderdysphorische Jugendliche müssen in Bezug auf ihre aktuelle Genderidentität und ihr gewünschtes körperliches Erscheinungsbild uneingeschränkte soziale, hormonelle und chirurgische Unterstützung erhalten.
  9. Alle individuellen 'embodiment goals' (Ziele der Angleichung des Körpers an die geschlechtliche Identität), auch die, die in der Natur nicht vorkommen, müssen in vollem Umfang erfüllt werden, soweit dies medizintechnisch möglich ist.
  10. Die Wissenschaft hat die Vorteile einer frühzeitigen Geschlechtsangleichung bewiesen und die niedrige Reue- und Detransitionsrate bestätigt diese Praxis zusätzlich.

Diese von Levine genannten Grundannahmen sind unter Experten sehr umstritten, teilweise falsch, werden aber oft als Fakten dargestellt.

„These unproven or disproven assumptions have created a narrative that has misled physicians, parents, and patients to conclude that meeting a young gender dysphoric individual’s desired body modification goals provides the only chance for a full, successful, happy life. It has positioned invasive medical interventions for children and adolescents as a civil right, rather than as medical interventions.”

Current Concerns About Gender-Affirming Therapy in Adolescents, S. Levine u. a., 14.04.2023


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