Wie ‚ticken' Teens und Twens?

BlakemoreInventing Ourselves: The Secret Life of the Teenage Brain von Prof. Sarah-Jayne Blakemore, Cambridge, 2018

Blakemore erklärt die rätselhaften, aber entscheidenden Gehirnentwicklungen und Veränderungen während der Adoleszenz und wie sie sich auf das Verhalten und die Emotionen von Teens und Twens auswirken.

Das Gehirn produziert jedes Gefühl, jede Emotion und jeden Wunsch, den wir erleben und speichert sämtliche Erinnerungen. Seit die moderne Bildgebungstechnik ermöglicht, in jedem Alter in das lebende menschliche Gehirn zu blicken, konnte festgestellt werden, dass die Gehirnentwicklung nicht - wie früher angenommen - mit der Kindheit abgeschlossen ist. Prof. Sarah-Jayne Blakemore, eine der führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Jugendneurologie, beschreibt, was in den komplexen und faszinierenden Gehirnen von Teens und Twens vor sich geht – sie erklärt,

  • wie sich ein jugendliches Gehirn von dem von Kindern und Erwachsenen unterscheidet
  • wie sich das Gehirn bis ins Jugendalter weiter entwickelt und verändert – mit tiefgreifenden Auswirkungen auf das Erwachsenwerden.
  • warum aus problemlosen Kindern herausfordernde Teenager werden können
  • was die übermäßige Risikobereitschaft und alles verzehrenden Beziehungen antreibt, die unter Teenagern üblich sind
  • und warum viele psychische Erkrankungen in diesen prägenden Jahren auftreten

Blakemores Forschungsergebnisse verändern das Verständnis des jugendlichen Geistes, was Konsequenzen hat für Bereiche wie Recht, Bildungspolitik und -praxis und darüber hinaus auch für Eltern.

The secret life of the teenage brain - YT-Vortrag von Prof. Sarah-Jayne Blakemore:

Youtube Vorschau - Video ID wLZKEJc_6AI

Beeinflusst die Pubertätsblockade die Gehirnentwicklung?

Dr. Sallie Baxendale ist beratende klinische Neuropsychologin mit mehr als 30 Jahren Erfahrung als Klinikerin im NHS. Sie hat ein starkes klinisches und wissenschaftliches Interesse an den Auswirkungen von Medikamenten auf die kognitive Funktion und die Gehirnentwicklung. beschreibt die Fähigkeiten des jugendlichen Gehirns und wie Pubertätsblocker die Gehirnentwicklung beeinflussen können.

The last abilities to fully develop within the human brain are our ‘executive functions’; these are complex and include self-restraint, emotional control, the ability to appreciate nuance, the ability to plan, prioritise and strategise to achieve long term goals and the ability to weigh up information to make decisions.

In dem von NeurowissenschaftlerInnen entwickelten Konzept der „Windows of Opportunity“ geht es um altersabhängigen Perioden im Leben, die die optimale Zeit für die Entwicklung bestimmter Funktionen darstellen. Bekanntlich lernen z. B. Kinder problemlos Fremdsprachen ohne Akzent zu sprechen, während dies für Erwachsene nicht mehr möglich ist. Für die Adoleszenz sprechen die NeurowissenschaftlerInnen von weiteren "windows of opportunity". Die Frage, ob die Gehirnentwicklung durch Pubertätsblocker während der natürlichen Pubertät gestört wird, ist noch unerforscht, aber durchaus naheliegend. Solche ungeklärten Fragen machen eine „Informierte Einwilligung" zu Pubertätsblockern zum Stoppen der natürlichen Pubertät äußerst kompliziert.

adults think with the prefrontal cortex, the brain’s rational part. This is the part of the brain that responds to situations with good judgment and an awareness of long-term consequences. However, teens process information with the amygdala. This is the emotional part. In teens’ brains, the connections between the emotional part of the brain and the decision-making center are still developing—and not always at the same rate. That’s why when teens have overwhelming emotional input, they can’t explain later what they were thinking. They weren’t thinking as much as they were feeling.” (4)

The Teenage Brain, S. Baxendale, 2021

The Adolescent Brain: A Second Window of Opportunity

2016 veranstaltete UNICEF „The Adolescent Brain: A Second Window of Opportunity“, ein Symposium, das Experten der jugendlichen Neurowissenschaften zusammenbrachte, um zu diskutieren, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse eingesetzt werden könnten,  Jugendlichen zu unterstützen – insbesondere diejenigen, die Risiken für ihr Wohlergehen ausgesetzt sind. einschließlich Armut, Entbehrungen, Konflikte und Krisen.

Die Artikel bieten einen umfassenden Überblick über die dynamischen Wechselwirkungen zwischen der körperlichen, sexuellen und geistigen Entwicklung, die während der Adoleszenz stattfinden.

Sie heben einige der Risiken für eine optimale Entwicklung hervor – darunter toxischer Stress, der die Bildung von Gehirnverbindungen beeinträchtigen kann, und andere Schwachstellen, die spezifisch für den Beginn der Pubertät und Unabhängigkeit sind. Sie weisen auch auf die Möglichkeiten hin, Interventionen zu entwickeln, die auf früheren Investitionen in die kindliche Entwicklung aufbauen können – Erfolge konsolidieren und sogar die Auswirkungen von Defiziten und Traumata ausgleichen, die früher in der Kindheit erlebt wurden.

Die interessanten Erkenntnisse für Programme und Politik von 8 führenden HirnforscherInnen für Heranwachsende finden sich auf der Unicef-Website:

The Adolescent Brain - A second window of Opportunity, 23.02.2018