Warum erstatten die GKV Leistungen, obwohl sie es nicht müssten?
Nach dem Motto „Immer wie immer“ erstatten die Gesetzlichen Krankenkassen derzeit weiterhin Leistungen für Versicherte, die ihre Geschlechtsmerkmale ändern lassen wollen, obwohl die Kassen das nach dem aktuellen Stand neuerer Gerichtsurteile gar nicht unbedingt müssten.
Das Selbstverwaltungsprinzip im deutschen Gesundheitswesen bedeutet, dass der Staat zwar den gesetzlichen Rahmen im SGB V setzt, die Krankenkassen, Leistungserbringer (Ärzte, Krankenhäuser etc.) und Selbstverwaltungsgremien wie der wichtige und maßgebliche Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die konkrete Organisation und Ausgestaltung der Versorgung jedoch eigenverantwortlich gestalten.
„Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“ SGB V verlangt, „dass der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit von Leistungen nachgewiesen sein müssen, bevor sie Bestandteil des GKV-Leistungskataloges werden können." (wikipedia)
Leitlinie – Richtlinie
Einen einheitlich strukturierten GKV-Leistungskatalog, in dem man nachschlagen könnte, welche Methoden und Leistungen zur Behandlung von Genderinkongruenz/-dysphorie erstattet werden, gibt es derzeit nicht. Nach unseren Recherchen hat der G-BA bisher noch nie eine Richtlinie für Behandlungen bei Genderinkongruenz und -dysphorie herausgebracht – weder für Erwachsene noch für Minderjährige.
Es existieren in Deutschland zwar Leitlinien, die von Medizinern, Psychiatern, Psychologen und Betroffenen erstellt wurden, diese sind aber für das Leistungsangebot und die Kostenerstattung nicht direkt relevant. Bekanntermaßen tun sich die Leitlinien-Kommissionen auch in Deutschland schwer, die „medizinischen Notwendigkeiten“ für invasive Eingriffe bei Genderinkongruenz und -dysphorie zu belegen. Derzeit existieren:
- eine nicht mehr gültige S3-Leitlinie (S3 bedeutet evidenzbasiert),
- eine S2k-Leitlinie für Minderjährige, die lediglich konsensbasiert ist.
Die einzige Richtlinie („Begutachtungsanleitung „Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualismus (ICD 10, F64.0)“) wurde letztmalig am 31.08.2020 vom GKV (Spitzenverband der ca. 100 Krankenkassen in Deutschland) für Erwachsene herausgegeben. Darin wird die medizinische S3-Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaften für Erwachsene von 2018 zum Teil heftig kritisiert. Diese GKV-Richtlinie ist derzeit zur Kostenerstattung durch die Krankenkassen relevant und wird auch vom Medizinischen Dienst verwendet.
Für Minderjährige gibt es keine solche Richtlinie vom GKV-Spitzenverband, sodass nicht transparent ist, inwieweit die Behandlungskosten nach „medizinischer Notwendigkeit“ oder nach anderen Gesichtspunkten (Wünsche, Konventionen, Off-Label-Experimente etc.) erstattet werden.
Unsere ausführliche Recherche zur GKV-Kostenerstattung von 2024
Die Gemengelage in Bezug auf die Kostenerstattung
Selbst Fachleute sprechen mittlerweile von einer sog. Gemengelage, was die Kostenerstattung von medizinischen Maßnahmen bei Genderinkongruenz durch die Krankenkassen angeht. Bei Behandlern (und Betroffenen) geht die Angst um, dass die Versicherer die Kosten für Transitionsbehandlungen nicht mehr erstatten werden. Dafür gibt es diverse Gründe, z. B.:
- Die „medizinische Notwendigkeit“ kann angesichts der Entpathologisierung von Genderinkongruenz für die Kostenerstattung kaum mehr herangezogen werden. Wenn keine Krankheit vorliegt, kann von medizinischer Indikation und zuverlässiger Diagnose nicht die Rede sein. Dies wäre auch deshalb irreführend, da angesichts der Evidenzlage kein klarer und nachhaltiger medizinischer Nutzen der Medikalisierung zu erwarten ist.
- Persistenz: Ob eine Genderinkongruenz bzw. Transsexualität angeboren oder dauerhaft ist, kann kein Experte sicher beurteilen. Die Ergebnisse neuerer Studien sprechen eher dafür, dass diese Diagnosen in vielen Fällen nach einigen Jahren bzw. im Erwachsenenalter nicht mehr aufrechtzuerhalten sind (Bachmann u. a. 2024, Rawee u. a. 2024), was diagnostische Prognosen und irreversible invasive Behandlungen prinzipiell infrage stellt.
- Genderinkongruenz ist nicht per se eine lebensbedrohliche Situation.
- Möglicherweise sind auch alternative Behandlungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Aufgrund dieser „Gemengelage“ rufen hauptsächlich affirmative Behandler nach dem Gesetzgeber. Er soll die Kostenerstattung für alle medizinischen Dienstleistungen bei Genderinkongruenz regeln, die nicht in das bisherige Erstattungsschema des SGB V passen. Immer wieder werden Gerichtsverfahren eingeleitet, um bestimmte Konstellationen zu prüfen.
Aus Aktivistenkreisen verlautet stets die Vorstellung, dass die Kostenerstattung medizinischer Dienstleistungen für Trans*Personen möglichst ohne jegliche Diagnose / Indikation / oder sonstige als Gatekeeping diffamierte Voraussetzungen einfach immer durchgewunken werden sollte. Diagnostische biopsychosoziale Beurteilungen müssten in den Hintergrund treten zugunsten von Wünschen, „embodyment goals“ und der Realisierung von Selbstbestimmungsrechten.
Erstattungspflicht in Deutschland teilweise ausgesetzt
Durch ein Urteil des BSG vom 19.10.2023 wurde die Erstattungspflicht für medizinische Maßnahmen bei Genderinkongruenz großenteils ausgesetzt – nicht nur für Personen, die sich als „ׅnon-binär“ identifizieren. Zunächst solle der G-BA eine Richtlinie dafür schaffen. Der G-BA kann jedoch erst tätig werden, nachdem der Gesetzgeber entsprechende Vorgaben ins SGB V geschrieben hat. Bis dahin gibt es Interimsregelungen (sog. Vertrauensschutz). Zusätzlich gibt es ein weiteres relevantes Urteil vom 18.11.2024 (SG Koblenz). Die rechtliche Situation aufgrund der beiden Urteile wurde im April 2025 eindrücklich durch folgenden juristischen Kommentar erläutert:
Anspruch auf geschlechtsangleichende Operation aufgrund Vertrauensschutzes, juris.de, 17.04.2025
Der im Urteil vom 19.10.2023 definierte Vertrauensschutz betrifft vor dem 19.10.2023 begonnene Behandlungen, bei denen folgende Bedingungen erfüllt sein müssen:
- es wurde nach dem TSG (mit 2 Gutachten) rechtlich transitioniert und
- es gibt einen BEHANDLUNGSPLAN über die gesamte medizinische Transition.
Mittlerweile wurden erste Fälle bekannt, bei denen Krankenkassen die Kostenübernahme von Therapien aufgrund von Transsexualität ablehnen:
Weil er trans ist, muss er die Therapie abbrechen, ZEIT, 24.04.2025
Keine Ausweitung des GKV-Leistungsanspruchs
Historie zum Thema „Kostenerstattung von Leistungen für Transgender“
2021 - Koalitionsvertrag der Ampelregierung
Aufgrund der allgemein erkannten „Gemengelage“ beim GKV-Leistungsanspruchs für Menschen mit Genderdysphorie und Genderinkongruenz in Bezug auf medizinische Transitionsmaßnahmen enthielt der Koalitionsvertrag von 2021 eine Formulierung des „versorgungspolitischen Willens“ im Sinne einer beabsichtigten Ausweitung: „Die Kosten für geschlechtsangleichende Behandlungen müssen vollständig von der GKV übernommen werden.“
Koalitionsvertrag 2021, fragdenstaat, S. 119
19.10.2023 - BSG-Urteil (Mastektomie bei non-binärer Identifikation) B 1 KR 16/22 R
In diesem Urteil des Bundessozialgerichtes B 1 KR 16/22 R vom 19.10.2023 war die Übernahme von Kosten einer Mastektomie bei einer sich als non-binär identifizierenden Person durch die Techniker Krankenkasse (TK) abgelehnt worden. Die Auffassung der TK wurde bestätigt. Sie hatte den Kostenübernahmeantrag mit der Begründung abgelehnt, dass bei der non-binären Person kein manifestierter Transsexualismus vorläge und es daher keine Grundlage für eine geschlechtsangleichende Operation gäbe. Die Vorinstanz hatte eine Klage u. a. mit folgender Begründung abgewiesen:
„Ansprüche auf Behandlungsmaßnahmen, die die Uneindeutigkeit der äußeren Geschlechtsmerkmale erhöhten, seien ausgeschlossen. Die klagende Person wolle ihren Körper an ihre non-binäre Identität angleichen, für die aus der Sicht eines verständigen Betrachters kein Erscheinungsbild eines phänotypisch angestrebten Geschlechts existiere. … Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, Menschen mit einer Geschlechtsidentitätsstörung einen umfassenden leistungsrechtlichen Zugang zu kosmetischen Operationen zu eröffnen."
Das BSG beurteilte eine Mastektomie bei non-binärer Identifikation als evtl. neue Behandlungsmethode/Versorgungsform. Auf diese bestehe erst dann ein Anspruch, wenn der [dafür zuständige] Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine entsprechende Empfehlung abgegeben habe. Somit kam der G-BA ins Spiel. Er hat sich nach unseren Recherchen bisher noch nie mit Behandlungsformen bei Genderdysphorie/Genderinkongruenz beschäftigt.
Der Schwenk des BSG bedeutet sogar Einschränkungen der GKV-Leistungspflicht
Das BSG änderte mit diesem Urteil vom 19.10.2023 die bisherige Rechtsprechung und fordert jetzt generell für geschlechtsangleichende Operationen (nicht nur in Fällen von non-binary) eine Richtlinie des G-BA, die festlegt, welche vertragsärztlichen Versorgungen zulasten der GKV erbracht werden dürfen.
19.10.2023 – Fachgespräch des BSG zum im Koalitionsvertrag 2021 genannten Vorhaben (s.o.)
Am Tag des BSG-Urteils fand ein erstes BMG-Fachgespräch mit Beteiligung von G-BA, Med. Dienst, Fachexperten und Betroffenen zum im Koalitionsvertrag 2021 genannten Vorhaben (s. o.) statt. Zum Schluss dieses Fachgespräches wurde angekündigt, ein nächstes Fachgespräch sei erst nach Veröffentlichung der Leitlinie für Minderjährige sowie der Leitlinie für Erwachsene sinnvoll. Beide Leitlinien waren damals für Ende 2023 angekündigt.
29.11.2023 – Schreiben Prof. Hecken (G-BA) an Prof. Lauterbach (BMG)
Prof. Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, schrieb angesichts des BSG-Urteils vom 19.10.2023 an das BMG Prof. Lauterbach, dass er einen gesetzgeberischen Änderungsbedarf zur Sicherstellung der „Versorgung von Versicherten mit Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie“ sehe, weil die vom BSG angesprochene Behandlungs-/Versorgungsform offenkundig nicht in das konventionelle Schema/Regelungswerk der Gesundheitsversorgung passe. Prof. Hecken schlug vor, falls es zu einem entsprechenden neuen Regelungsansatz kommt, diesen [aus Gründen der Systematik] in einen § 27c SBG V aufzunehmen.
Schreiben von Prof. Hecken an das BMG, Prof. Lauterbach, 29.11.2023
18.01.2024 – Antwort von Prof. Lauterbach () an Prof. Hecken (G-BA)
BM Lauterbach empfahl in seiner Antwort vorläufig die Beibehaltung der bisherigen Regelungen und bekräftigte die Absicht, neue Regelungen zum „Versorgungsbedarf“ von „Versicherten mit Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie“ zu treffen:
„Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass ich beabsichtige, noch in dieser Legislaturperiode eine Neuregelung vorzulegen, die die Versorgung von Versicherten mit Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie auf eine neue, eigenständige Grundlage stellt und auch die Behandlung nicht-binärer Personen ermöglich.”
Schreiben Prof. Lauterbach (BMG) an Prof. Hecken (G-BA), 18.01.2024
Anschließend waren keine gesetzgeberischen Aktivitäten des BMG erkennbar.
31.1.2024 – Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes an die gesetzlichen Krankenkassen
Der GKV-Spitzenverband empfahl anschließend den Krankenkassen, die bisherige Praxis beizubehalten. Er sei jedoch der Rechtsauffassung,
„dass bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung eine Ausweitung der Anspruchsberechtigung auf nicht-binäre Personen nicht möglich ist.”
Rundschreiben „Krankenbehandlung im Zusammenhang mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen“, GKV-Spitzenverband, 31.01.2024
18.07.2024 – Schreiben von Prof. Lauterbach (BMG) an Prof. Hecken (G-BA)
(keine Online-Quelle gefunden)
Hier hatte Prof. Lauterbach (BMG) anscheinend auf eine geplante Gesetzesanpassung zur Regelung eines Leistungsanspruchs von Personen mit Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz verwiesen, s. erneute Anfrage von Prof. Hecken (G-BA) vom 03.12.2024.
18.11.2024 – Urteil SG Koblenz
In diesem Urteil vom 18.11.2024 (SG Koblenz) wurde die Erstattung der GKV befürwortet, ohne dass Punkt 2 des Vertrauensschutzes (Behandlungsplan über die gesamte medizinische Transition) erfüllt war. Das Gericht hat allerdings diesen Punkt gar nicht erörtert, sodass in anderen Fällen hierzu ggf. weitere Verfahren notwendig sind.
03.12.2024 – Erneute Anfrage von Prof. Hecken (G-BA) an Prof. Lauterbach (BMG)
Schreiben von Prof. Hecken (GBA) vom 03.12.2024
Prof. Hecken stellt fest, dass das im Schreiben vom 18.7.2024 genannte Gesetzgebungsverfahren nicht zu einem Abschluss gebracht werden konnte (u. a. wegen der vorzeitig notwendig gewordenen Neuwahl im März 2025) und weist erneut auf einen „dringend gegebenen gesetzgeberischen Handlungsbedarf nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. Oktober 2023 (B 1 KR 16/22 R) hin.“, es gehe um „nicht hinnehmbare Rechts- und Versorgungrisiken“.
Prof. Hecken sieht Verfahrensprobleme:
„Der Ausgang eines solchen Methodenbewertungsverfahrens [ohne gesetzliche Spezialregelung]wäre aufgrund der hohen methodischen Anforderungen auf Basis des aktuellen Standes der medizinischen Erkenntnisse nach den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin ungewiss.“ „Die aktuelle Evidenzlage ist in Hinblick auf einen Großteil der Maßnahmen spezifisch zur Linderung einer bestehenden oder Vorbeugung einer drohenden Geschlechtsdysphorie unzulänglich.“
sowie Rechtsunsicherheiten
„Wie bereits in den letzten beiden Schreiben dargelegt, erscheint ein Rückgriff auf die bislang verwendete rechtliche Konstruktion einer Krankheit im Sinne von § 27 Absatz 1 SGB V künftig aufgrund der Neubewertung durch das BSG- nicht mehr ohne weiteres möglich und stimmt mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr überein. Zudem ist die Pathologisierung der Betroffenen zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Krankenbehandlung unter Beachtung des Standes des gesellschaftlichen Diskurses problematisch. Insofern ist aus rechtssystematischen Gründen durchaus fraglich, ob der G-BA überhaupt befugt ist, eine Lösung zu erreichen und das aufgezeigte Dilemma rechtswirksam aufzulösen.“
20.12.2024 – Antwort von Prof. Lauterbach (BMG) an Prof. Hecken (G-BA)
https://media.frag-den-staat.de/files/foi/982843/2024-12-20-pe-bmg-bm-lauterbach-geschlechtsinkongruenz.pdf
Prof. Lauterbach bestätigt wiederum den Regelungsbedarf, vertagt ihn angesichts der Neuwahl jedoch auf die neue Regierung und stoppt eventuelle Aktivitäten des B-GA.
„Deshalb halte ich es für angezeigt, bis zur Entscheidung einer neuen Bundesregierung keine vorzeitigen Weichenstellungen auf Selbstverwaltungsebene vorzunehmen und insbesondere kein Methodenbewertungsverfahren einzuleiten, sondern vorläufig das Versorgungsgeschehen wie bislang weiterzuführen.“
13.02.2025 – Rundschreiben 2025/102 des GKV-Spitzenverbandes an die gesetzlichen Krankenkassen
Unter der Überschrift „Leistungsansprüche im Zusammenhang mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen“ informiert der GKV-Spitzenverband die Krankenkassen, dass er keinen Antrag beim B-GA auf Einleitung eines Methodenbewertungsverfahrens stellen wird und die Krankenkassen weiterhin nach dem bisherigen Vorgehen verfahren sollen. Als Bezug wird explizit die GKV-Richtlinie (Begutachtungsanleitung „Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualismus (ICD 10, F64.0)) von 2020 genannt.
17.04.2025 Dieser interessante Kommentar erläutert die aktuelle rechtliche Situation auf Basis der beiden o.g. Urteile
Anspruch auf geschlechtsangleichende Operation aufgrund Vertrauensschutzes, juris.de, 17.04.2025
Es gibt erste Fälle, bei denen Krankenkassen die Kostenübernahme von Therapien aufgrund von Transsexualität ablehnen:
Weil er trans ist, muss er die Therapie abbrechen, ZEIT, 24.04.2025
TTSB fordert: Keine Deregulierung bei der medizinischen Versorgung
Zu dem im Koalitionsvertrag genannten Vorhaben (s. o.) gab es lediglich am 19.10.2023 [rein zufällig am selben Tag, an dem auch das o. g. BSG-Urteil gefällt wurde] ein erstes Fachgespräch im BMG. Seither wurden keine weiteren Aktivitäten des BMG bekannt außer den Antworten von Prof. Lauterbach an Prof. Hecken. Es ist zu vermuten, dass u. a. auf die Veröffentlichung gültiger Leitlinien sowohl für Minderjährige als auch für Erwachsene gewartet wurde.
Die Ziele der ProTrans-Lobby wurden auch in dem Fachgespräch beim BMG sehr deutlich formuliert: Gefordert wird eine weitgehende Deregulierung der sogenannten Gesundheitsversorgung bei Genderdysphorie/-inkongruenz. Insbesondere körper-medizinische Maßnahmen sollen – praktisch nach Wunsch – verfügbar sein und ohne Altersbegrenzung, ohne Beratung und ohne Diagnose jeder Transperson von den Krankenkassen finanziert werden. Nur so sei ein adäquates Leben für queere Personen möglich. „Autonomie“ und „Selbstbestimmungsrecht“ über alles gestellt. Um die Erstattung durch die GKV zu sichern, werden die Wünsche einerseits pauschal und nach Belieben geframed mit
- „klare Indikation”,
- „medizinischer Notwendigkeit“ oder
- „entspricht dem [vorgeblichen] 'Stand der Wissenschaft'“.
Eine Ausweitung der Kostenübernahme durch die GKV würde vermutlich die Pathologisierung der Pubertät unserer genderdysphorischen Teenager verstärken, es würden noch mehr irreversible chirurgische Maßnahmen durchgeführt, die die lebenslange Medikalisierung von immer mehr jungen Menschen nach sich zieht.
Statt sich auf konsensbasierte sog. Best-Practice-Empfehlungen zu verlassen, halten wir es für sinnvoller, die Evidenz medizinischer Transitionsbehandlungen seriös und unabhängig prüfen zu lassen oder international verfügbare systematische Reviews zu studieren, bevor neue gesetzliche Erstattungsregeln formuliert werden.
Was ist mit den Versicherungen für die Arzthaftung?
Gleichfalls sollten sich die Ärztehaftpflicht-Versicherer Gedanken machen, denn es könnte bald auch in Deutschland zu Haftungsprozessen von Detransitionierten kommen.
Immer mehr Detransitionierte klagen